Archiv der Kategorie: ALS – News

Großangelegte Studie zu Dexpramipexol (KNS-760704)

Höchstwahrscheinlich im Frühsommer 2011 beginnt eine neue, großangelegte Studie mit Dexpramipexol.
Bereits im Jahr 2009 wurde eine Phase-II Studie über 12 Monate in Boston durchgeführt, wobei in der Nachanalyse eine krankheitsverlangsamung zwischen 16% – 30% beobachtet werden konnte. Allerdings nahmen an dieser Studie nur wenige Patienten teil und die Untergliederung der Probanden fand nur grob statt, sodaß vorgenannte Beobachtungen noch keinen Beweis für die Wirksamkeit von Dexpramipexol liefert.
Dexpramipexol, ein niedermolekulares Benzothiazol,soll laut der Firma Knopp Biosciences LLC „nachweislich die mitochondriale Funktion verbessern und einen signifikanten Zellschutz für Neuronen unter Belastung bieten“.
Bei dieser neuen Studie sollen insgesamt über 800 Patienten in den USA und in verschiedenen europäischen Ländern teilnehmen. In Deutschland werden neben der ALS-Ambulanz der Charité in Berlin die Prüfzentren der Ruhr-Universität Bochum (Dr. Torsten Grehl), der Medizinischen Hochschule Hannover (Prof. Dr. Susanne Petri), der Friedrich-Schiller Universität Jena (PD Dr. Julien Großkreutz) sowie des Universitätsklinikums Ulm (Prof. Dr. Albert Ludolph) teilnehmen.
Für nähere Auskünfte wenden Sie sich bitte an die jeweiligen Zentren.

Start der Anakinra-Studie (ANA-ALS01)

Für Februar sind die ersten Screening-Visiten für die seit einiger Zeit erwartete Anakrina-Studie geplant. Dies teilt die Berliner Charitè auf Ihrer Website mit.
Demnach soll die Studie an 20 ALS-Patienten durchgeführt werden. Das Primärziel ist herauszufinden, wie das Medikament vertragen wird, sekundär soll es Hinweise liefern, ob eine krankheitsverlangsamung mit dem für Rheuma zugelassenem Medikament erreicht werden kann. Dauer der Studie soll 1 Jahr betragen. Erst danach finden die Auswertungen statt. In Vorstudien konnten positive Auswirkungen auf die Krankheitsprogredienz bei den sog. SOD1-Mäusen festgestellt werden. Leider haben sich solche Ergebnisse im Nachhinein noch nicht bestätigt, weshalb auch hier wieder vor frühzeitigen Schlüssen gewarnt werden muss.

Raucher besitzen höheres Risiko für eine ALS

Im Rahmen einer Langzeitstudie von Dr. Hao Wang von der Harvard School of Public Health in Boston, stellte sich offensichtlich heraus, dass Raucher ein erhöhtes Risiko besitzen an der ALS zu erkranken.
In der Studie wurden Daten von rund 1,1 Millionen Patienten ausgewertet, darunter waren 832 ALS-Patienten. Demnach liegt das Risiko an einer ALS zu erkranken bei Rauchern um 42% höher, als bei Nichtrauchern. Bei ehemaligen Rauchern beträgt das erhöhte Risiko 44%.
Weiter wurde im Rahmen dieser Studie festgestellt, dass mit fortschreitendem Alter ebenfalls das Risiko steigt, an einer ALS zu erkranken und das Männer mit ausgeprägteren Symptomen zu tun haben.

Großes ALS-Register Schwaben

Auf Initiative von Prof. Dr. Ludolph, Ordinarius für Neurologie der Universität Ulm, wird ein Register für Patienten mit Motoneuron-Erkrankungen im Raum Schwaben erstellt. Dies ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstütztes Projekt ähnlich einem „Krebsregister“. Das Projekt wird dabei von allen insgesamt 21 Neurologischen Kliniken in Schwaben (sowohl auf Baden-Würtembergischer als auch auf bayerischer Seite, inkl. der Neurologie Kaufbeuren) unterstützt, um ein möglichst lückenloses Register für diese relativ große Region aufbauen zu können. Das Register soll Aussagen darüber erlauben, wie viele Betroffene es in dieser Region gibt und Hinweise geben, welche Faktoren auf die Erkrankung eventuell Einfluss nehmen können. Das Register wird alle Neuerkrankungen ab Oktober 2010 erfassen. Erkrankungen ab Oktober 2008 sollen aus der Krankenakte erfasst werden.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Erfassung der Daten nicht automatisch geschieht. Es bedarf der Zustimmung des Patienten. Sind Sie in einer der teilnehmenden Kliniken in Behandlung, so bitten wir Sie, an der Studie teilzunehmen. Ihr behandelnder Arzt dort, wird Sie über den Ablauf und den Datenschutz gerne aufklären. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig und kann auch zu jedem Zeitpunkt widerrufen werden. Sie Unterstützen mit Ihrer Teilnahme die Erforschung von Motoneuron-Erkrankungen.

ALS im Fokus der Politik

Die SPD Bundestagsfraktion um Frank-Walter Steinmeier startete eine sog. „kleine Anfrage“ an die Bundesregierung. Die Abgeordneten fragen, in welcher Höhe sich der Bund in den vergangenen Jahren finanziell an der Erforschung der Amyotrophen Lateralsklerose beteiligt hat, wie die im Bundeshaushalt 2009 zusätzlich eingestellten drei Millionen Euro für die Erforschung von ”seltenen sowie vernachlässigten Krankheiten“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung genutzt wurden und ob die Regierung bis 2013 – wie von der EU empfohlen – einen nationalen Plan zur Bekämpfung seltener Krankheiten vorlegen wird.
Der Fragenkatalog umfaßt 38 Fragen, den Sie hier nachlesen können.
Wir hoffen sehr, dass es sich hier nicht wie so oft um „Parteipolitisches Geplänkel“ handelt und der Grund der Anfrage, nämlich Fördermittel zur Erforschung der ALS zu schaffen, weiter verfolgt wird. Unsere Hoffnung stützt sich nicht zuletzt auch auf das Wissen, dass unser derzeitiger Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg selbst in seiner Familie einen Menschen durch ALS verloren hat.

Entzündungsprozesse im Gehirn bei ALS-Mäusen gestoppt

Entzündungsprozesse als einer der möglichen Ursachen bei ALS wurde schon lange diskutiert. Das Enym SOD1 reguliert die Aktivität des Enzyms Caspase-1, welches ein weiteres Enzym (Interleukin-1ß) spaltet. Dadurch wird es aktiviert und der Entzündungsprozeß startet.

Wissenschaftler vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie haben in verschiedenen Tests bei Mäusen mit einer ähnlichen ALS-Erkrankung den Botenstoff Interleukin-1ß blockiert, der an der Krankheitsentstehung beteiligt ist. Die Blockade dieses Botenstoffes verbesserte bei den Mäusen die Motorik und verlängert ihre Lebenserwartung. Es könnte also sein, dass der Blocker als Therapeutikum bei der ALS wirksam sein könnte.
Das Forscherteam um Arturo Zychlinsky vom MPI in Berlin bildet nun eine Arbeitsgruppe mit der ALS-Ambulanz der Charitè, welche eine klinische Studie ermöglichen soll.

Originalveröffentlichung: Meissner F, Molawi K, Zychlinsky A.: Mutant superoxide dismutase 1-induced IL-1β accelerates ALS pathogenesis. PNAS 2010, 28. Juni 2010

Lithium bei ALS unwirksam

In einer in Lancet Neurology (2010; 9: 481-8) kürzlich publizierten Studie wurde durch eine gut gemachte wissenschaftliche Studie gezeigt, dass Lithium bei ALS-Patienten nicht positiv wirkt. Wesentliche Nebenwirkungen traten in dieser Studie nicht auf (jedoch in 3 anderen Studien).
Vor wenigen Jahren war durch Tierversuche und ersten Einsatz bei Menschen nahe gelegt worden, dass Lithium positiv bei ALS wirken könnte. Dies wurde von Wissenschaftlern sehr zurückhaltend gesehen, was sich nun leider bestätigte.

Möglicherweise ALS i. F. wiederholter Hirntraumata

Bei den verschiedensten Sportarten wie z.B. Boxen, American Football oder auch Fußball kann es unter Umständen zu kleinen Hirnverletzungen kommen, die jedoch keine Symptome hervorrufen. Bei italienischen Fussballern wurde schon früher ein 6,5-fach erhöhtes Risiko festgestellt, an ALS zu erkranken.
Signifikant erhöht ist das Risiko bei Profis der National Football League der USA. Neuesten Studien zufolge ist hier das Risiko an einer ALS zu erkranken um ein 8-faches erhöht. Forscher der Universität Boston im Center for the Study of Traumatic Encephalopathy untersuchten seit 2008 die Gehirne von 12 Sportprofis, die frühzeitig an einer Demenz starben. In 10 Gehirnen fand man unter anderem das Protein TDP-43. Bei 3 fand man das Protein zusätzlich noch im Rückenmark. Bei diesen drei wurde auch zur Demenz noch eine klinische ALS diagnostiziert. Die Forscher gehen davon aus, dass durch die kleinen erlittenen, wiederholten Hirntraumatas während der aktiven Sportzeit das Protein TDP-43 im Gehirn gebildet und dann das Rückenmark hinunter transportiert wurden. Die Sportler könnten also an einer besonderen Form der ALS erkrankt gewesen sein. In Versuchen mit dem Tiermodell, wollen die Forscher nun weitere Erkenntnisse gewinnen und Ihre Theorie bestätigen.

Bericht vom ALS-Gesprächskreis

ALS-Gesprächskreis am Neuromuskulären Zentrum Bayern Mitte

Wer mit der Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) lebt, hat oft großen Unterstützungsbedarf. Zweimal im Jahr bietet der Landesverband Betroffenen und Angehörigen Gesprächskreise an. Die Informationsvermittlung und der Austausch untereinander stehen bei den Veranstaltungen im Mittelpunkt. Die Gesprächskreise sind
seit vielen Jahren sehr gut besucht, sie finden in Erlangen oder Rummelsberg statt.
Am Samstag, den 31.7. kamen über 60 Teilnehmer/innen nach Rummelsberg.
Herr Dr. Winterholler, Chefarzt der Neurologischen Klinik (Laurentiushaus) in Rummelsberg, arbeitet seit vielen Jahren eng mit der Beratungsstelle des Landesverbandes zusammen. Im ersten Teil seines Vortrages ging Herr Dr. Winterholler auf die medizinischen Grundlagen der Erkrankung ein. In der Pause bot sich die Gelegenheit, Gespräche zu führen, Fragen zu stellen und Kontakte zu knüpfen. Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es um symptomatische Behandlungsmöglichkeiten. Der nächste Gesprächskreis wird voraussichtlich Anfang 2011 in Erlangen sein. Darüber hinaus finden regelmäßige Treffen für ALS-Kranke und Angehörige in Grafenwöhr statt, Interessierte sind herzlich willkommen.
Wann und wo sich die Gruppe trifft, erfahren Sie bei
Herrn Schertl Georgschertl1@aol.com oder
Familie Hössl 09641/3132 gerhard.hoessl@arcor.de.

Analyse von Eiweißstoffen aus dem Nervenwasser von ALS Patienten

Ulmer Forscher berichten in der amerikanischen Fachzeitschrift „Neurology“

Süssmuth et al. aus der Neurologischen Universitätsklinik Ulm (Direktor Prof. Dr. A. Ludolph) berichten in der neuesten Ausgabe von „Neurology“ (2010; 74: 982-987) über Eiweißstoffe im Nervenwasser von ALS-Patienten, die Hinweise für die Beteiligung des oberen motorischen Neurons (Tau-Protein) und über eine Aktivierung von sogenannten Gliazellen des Gehirns (Proteine S100b und SCD14) geben können.
So war das Tau-Protein bei den ALS-Patienten erhöht, die auch klinisch eine Beteiligung des oberen motorischen Neurons zeigten. Die Konzentration des S100b-Proteins korrelierte invers zum Überleben der ALS-Patienten, ein hohes Protein sCD14 im Nervenwasser war mit einem längeren Überleben der Patienten verbunden. Alle untersuchten Proteine können auch bei anderen Krankheiten verändert sein und sind daher nicht spezifisch für die ALS. Die Arbeit zeigt jedoch erstmalig überhaupt Zusammenhänge von im Nervenwasser bestimmbaren Werten mit klinischen Ausprägungen oder Verläufen. Sicherlich wird dieser wichtige Weg konsequent wissenschaftlich weiter verfolgt werden.
Es ist zu hoffen, dass wenn nicht sogar ALS-spezifische Eiweiße entdeckt werden, zumindest für die ALS spezifische Konstellationen verschiedener Proteine gefunden werden. Bis dahin müssen jedoch noch einige wissenschaftliche Untersuchungen die vorhandenen Befunde bestätigen und ergänzen. In der klinischen Routine sind die Werte daher leider bisher nicht verwertbar.