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Kann ALS auch Tachykardien auslösen?

Guten Tag,
als Physiotherapeutin begleite ich eine Patientin, die bereits Lähmungen in der Schluckmuskulatur hat und in Erwägung gezogen wird eine Sonde zu legen.
Meine Frage ist, ob durch ALS auch Tachykardien ausgelöst werden und wie man dem evtl. entgegen wirken kann?
Vielen Dank

Prof. Dr. Martin Hecht:
Tachykardien sind kein Symptom der ALS.
Sofern ein schneller Puls/Tachykardie nicht durch körperliche Überlastung autreten, sollten HausarztIn und/oder KardiologIn hinzugezogen werden.

Patientenverfügung – Demenz und Angst vor dem ersticken

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht

Ich bin daran meine Patientenverfügung zu ergänzen. Sollte ich bei einer möglichen Demenzerkrankung zusätzlich an ALS erkranken, möchte ich keine invasive Beatmung sondern nur eine ausreichende palliative Linderung.
Ich habe jedoch grosse Sorge, dass bei dieser Konstellation mit beiden Erkrankungen irgendwann die Kommunikation verloren geht und ich meine schleichend steigende Atemnot nicht mehr äussern kann.
Wie erkannt man in so einer Situation ohne Kommunikation wann die medikamentöse Therapie (Opiate) gegen Atemnot eingeleitet werden soll, bevor der Patient qualvoll erstickt?

Prof. Dr. Martin Hecht:
Lieber Fragesteller,

zunächst: Es ist sehr gut das Sie sich bei Zeiten damit auseinandersetzen und eine Patientenverfügung verfassen wollen. Über diese Patientenverfügung hinaus ist es wichtig das Sie klar und deutlich auch mit Ihren nächsten Angehörigen über Ihre Wünsche sprechen und Ihre Vorstellungen äussern. So helfen Sie nicht nur sich, sondern auch Ihren Angehörigen in etwaigen kritischen Entscheidungsfindungen.
Beziehen Sie auch unbedingt Ihren behandelnden Hausarzt / Facharzt mit ein, damit über eine schriftlich festgelegte Patienverfügung hinaus – welche auch unterschiedlich interpretiert werden können – fundierte Kenntnisse über Ihre perösnlichen Wünsche vorhanden sind.

Unabhängig von einer Demenz ist es klinische Routine die Atemfunktion bei ALS-Patienten klinisch, ggf. mit ergänzenden Untersuchungen durchgehend im Auge zu haben und ggf. lindernd einzugreifen.
Zum Thema „qualvollen ertsicken“ haben wir bereits einen Artikel veröffentliicht, welchen Sie hier: https://www.lateralsklerose.info/tod-durch-ersticken/ oder hier https://www.lateralsklerose.info/ersticken-bei-als-und-vererbbarkeit/ nachlesen können. In Kurzform: „Ein Ersticken i.S. eines akuten um Luft Ringens tritt nicht auf“.
In einem professionellem Setting würde eine Atemnot immer frühzeitig auffallen – darüber sollten Sie sich keine Gedanken machen.

ALS Home Care – Projekt zur besseren Versorgung von ALS Patienten

Das Krankenhaus Agatharied bietet ALS Patienten ein neues, innovatives und modernes Betreuungskonzept für ALS Patienten an.

Das Projekt mit dem Namen „ALS Home Care“ wird für drei Jahre anteilig gefördert durch das Förderprogramm Innovative Medizinische Versorgungskonzepte des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, das Krankenhaus Agatharied sowie durch Spenden der ALS Hilfe Bayern e.V., private Spender und die Mähler Linke Stiftung unterstützt.

Das Ziel von ALS-Home-Care ist, den Patienten autonome und überlegte Entscheidungen zu ermöglichen. Um ad-hoc Entscheidungen in Notfallsituationen, wie zum Beispiel eine Intubation mit nachfolgender dauerhafter, invasiver Beatmung zu verhindern, ist eine frühzeitige und vorausschauende Aufklärung und Beratung mit Erstellung einer Patientenverfügung essentiell.

Versorgt werden können Patienten in München Stadt und Landkreis, sowie die Landkreise Miesbach, Bad Tölz/Wolfratshausen und angrenzende Regionen z.B. im LK Rosenheim.

Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte der Internetseite

Edaravon und Riluzol bei ALS

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/3-Methyl-1-phenyl-5-pyrazolon) wird das Medikament oder der wirkstoff Edaravon genannt, welcher in verschiedenen Ländern zur Therapie bei ALS zugelassen wurde. Es wird von einer verlangsmung des fortschreitens berichtet. Meine Frage: Wie ist der Stand in Deutschland dazu? Und wie verhält es sich mit Rilutek, welches auch das fortschreiten verlangsamen soll. Kann man beides zusammen nehmen und erhält dann den doppelten Effekt?
Herzlichen Dank für Ihre Auskünfte

Prof. Dr. Martin Hecht:
Edaravone ist als Infusion seit geraumer Zeit in den USA und Japan zur Behandlung der ALS zugelassen. Einige Zeit war es möglich, diesen Wirkstoff über Umwege auch hier in D zu geben. Die europäische Arzneimittelbehörde fand die Daten zur Therapie mit i.v.-Edavaron, aber nicht ausreichend, sodass die Firma einer Ablehnung durch den Rückzug des Zulassungsantrages zuvor kam. Seitdem ist die Gabe von Edavaron in Deutschland nicht mehr möglich. Allerdings wird das Medikament nun in Studien als Tablette getestet, auch in Deutschland. Wenden Sie sich ggf. dazu an Ihr nächstgelegenes ALS-Zentrum.
Aktuell werden meines Wissens nach alle Medikamente zusätzlich zu Riluzol getestet, nicht anstatt. Somit müsste die Verträglichkeit mit Riluzol kein Hinderungsgrund sein.

Zusammenhang Schadstoffe im Haus zu ALS?

Guten Tag
Meine Mama hat die Diagnose als bekommen 🙁
Unsere Vermieterin ist an als gestorben (sie hat das Haus gebaut und darin gelebt)
Ich habe jetzt panische Angst das es etwas mit dem Haus ( schadstoffe ) zu tun haben könnte
Gibt es irgendwelche Erkenntnisse? Welche schadstoffe in Frage kommen ? Macht es Sinn einen baubiologen zu kontaktieren?
Seit ich mich mit dieser Krankheit beschäftigte habe ich muskel Zuckungen überall … Wir machen uns alle sehr grosse Sorgen
Vor allem leben Kinder in dem Mietshaus
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit das 2 Personen an so einer seltenen Krankheit in einem Haus erkranken, ohne miteinander Verwandt zu sein ?

Vielen Dank

Prof. Dr. Martin Hecht:
So verständlich Ihre Sorge ist, wenn eine seltene Krankheit in einem Haus 2x auftritt, es gibt keinerlei Hinweise auf Häufungen einer echten ALS in bestimmten Gebäuden. Da man die eigentliche Ursache der ALS immer noch nicht kennt, bietet es sich natürlich an zu überlegen, welche Einflüße die ALS-Kranken verbinden, wie Essensgewohnheiten, Bewegung, Schadstoffe und vieles mehr. Bislang sind keinerlei Erkenntnisse entstanden, die auf Gifte in unseren Regionen hinweisen.

Auf der anderen Seite ist die Erkrankung gar nicht so selten. Es gibt Berechnungen, die auf ein „liftime risk“ von 1:400 hinweisen. Von daher ist es auch „durch Zufall“ möglich, dass in einem Haus 2 Erkrankungen auftreten.
Für Sie selber gilt, dass das Risiko selbst an einer ALS zu erkranken ähnlich aller anderer Menchen ist, sofern es nicht schon zuvor ALS-Fälle in Ihrer Familie gab.

Aktuelle Neuigkeiten zur ALS – Stand Forschung und Aussicht

Bericht vom 25. Jahreskongress des Medizinisch-Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM)

Vor wenigen Tagen ist der 25. Jahreskongress des Medizinisch-Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM) zu Ende gegangen. Aufgrund der derzeitigen Corona Situation, fand diese digital, also online statt. Mit rund 500 Teilnehmern war es dennoch ein großer und erfolgreicher Kongress – mit einigen sehr interessanten Neuigkeiten für Menschen mit einer neuromuskulären Erkrankung.

Gentherapie – das große Thema auch für die Zukunft?

Eines der Topthemen des Kongresses widmete sich der Gentherapie. Unter der Überschrift: „Herausforderung der modernen Medizin – Was kostet der Fortschritt?“ fand eine breite, über die Grenzen Deutschlands hinaus geführte Diskussion statt, wobei einige sehr vielversprechende Methoden dargestellt wurden.
Bei der spinalen Muskellatrophie (SMA) z.B. findet eine solche Gentherapie bereits ihren erfolgreichen Nutzen, es gibt sogar mittlerweile 2, bald 3 unterschiedliche, zugelassenen Medikamente. Die Ergebnisse sind so gut, dass es sinnvoll ist, betroffene Kinder frühzeitig zu identifizieren. Daher wird derzeit ein Neugeborenen Screening etabliert.
Es ist sehr spannend, welche Möglichkeiten die Gentherapie auf diesem Sektor bietet.

Bei der ALS wird aktuell eine Therapie bei der mSOD-Genveränderung getestet und für die C9ORF72- Genveränderung entwickelt. Es wird nötig sein für jede entdeckte Genveränderung bei der ALS eine eigene Therapie zu entwickeln. Bislang ist es nicht sinnvoll, jeden ALS-Patienten ergänzend genetisch zu untersuchen.

Kritiker sehen in der Gentherapie oftmals die enormen Kosten, welche zweifelsohne vorhanden sind. Allerdings ist dies nur die halbe Wahrheit der Rechnung: ALS ist, wie andere neuromuskulären Erkrankungen auch, von Haus aus eine sehr kostenintensive Erkrankung. Rechnet man das eine gegen das andere auf, so relativiert sich da einiges. Das Ziel muss sein, die Situation der ALS Patienten zu verbessern – unabhängig von Kostenfragen.

Zur Gentherapie im Allgemeinen, möchten wir uns aber auch noch den Ausführungen von PD Dr. Großkreutz anschließen, der vor einer überzogenen Erwartungshaltung warnt. Wie vorgenannt, besteht bis dato nur für 1 neuromuskuläre Erkrankung, der SMA, eine zugelassene Gentherapie. Die Spinale Muskelathrophie ist nur eine von einer Vielzahl der bekannten neuromuskulären Erkrankungen. „Der Einstieg in eine Gentherapie ist immer eine Verpflichtung für alle Beteiligten, sich auf eine jahrzehntelange Reise zu begeben“, betonte Dr. Großkreutz, „da müssen Arzt und Patient in einem Prozess, den man zusammen durchläuft, ganz eng beieinanderbleiben.“

Neue Medikamente zur Behandlung der ALS?

Wie vielen bekannt sein dürfte, wird an der medikamentösen Therapie der ALS weltweit geforscht – ständig und laufend. Vielversprechende Ansätze konnten bisher meistens in nachfolgenden Studien nicht überzeugen, weshalb wir hier auf lateralsklerose.info nicht immer über alle Studien berichten.
Aktuell läuft eine Studie für ALS Patienten mit mSOD-Mutation, welche sich als vielversprechend herauskristallisiert. Allerdings laufen hier noch die Auswertungen und: Patienten mit mSOD-Mutation betrifft nur ca. 1 – 2% der ALS Erkrankten (nur ALS-Fälle mit anderen ALS-Patienten in der Familiengeschichte). Trotzdem – immerhin! Hier gilt es aber noch abzuwarten.
Erste Schritte zur Therapie bei C9ORF72-Mutation sind in Planung, welche auch zumindest hier einer Erwähnung Wert ist, genauso wie die Erprobung zweier völlig neuartiger Stoffe.
Sobald es zu dem einen oder anderem etwas Greifbares gibt, werden wir hier berichten.

Therapien gegen ALS – Aussichten

In der Gesamtschau aller laufenden Forschungen, Studien und Entwickungen Stand 04/2021 muss man schon sehr auf die „Bremse“ treten um nicht zu sehr in Euphorie zu verfallen – dafür ist es wahrlich zu früh. Aber: Nach jahrzehntelangen Fehlschlägen zeigen sich nun doch einige Ergebnisse, die Mut machen und anspornen. Wohin der Weg genau gehen wird, können auch wir heute noch nicht sagen, von einer Heilung für alle ALS-Patienten können wir leider weiter erstmal nur träumen. Im Leben ist nicht alles nur schwarz oder weiß, dazwischen gibt es Millionen von Farbmöglichkeiten – und einen, bzw. mehrerer dieser Farben zu erreichen kann das Ziel sein.

Kopfstützsystem für ALS Patienten

Neuartiges System bei Schwäche der Kopf – Nackenmuskulatur bei ALS Patienten

Der HeadUp Collar adressiert ein zentrales, auch schon in der frühen Phase des Krankheitsverlaufs bei ALS anzutreffendes Problem: „die Kopfhaltung“.

Professor Dr. Chris McDermott, Neurologe der Universität Sheffield, und sein Team wollten das Leben ihrer Patienten verändern, indem sie ihnen ein Stück Unabhängigkeit zurückgeben, die mehreren Tausenden durch die ALS genommen wird. Sie entwickelten in Zusammenarbeit mit Patienten mit Motoneuron-Erkrankungen ein Kopfstützsystem, das genau auf die in einer Studie ermittelten Bedürfnisse dieser Patientengruppe abgestimmt wurde. Der daraus resultierende HeadUp Collar bietet bereits seit 2018 den Patienten in den UK – und jetzt auch in Deutschland – eine erhöhte Unterstützung bei gleichzeitig größerem Bewegungsumfang, Flexibilität bei der Anwendung und einen erhöhten Tragekomfort. Der HeadUp Collar ist daher aus unserer Sicht eine besonders hervorzuhebende Kopfstütze für Menschen mit ALS.

Wir haben uns das näher angesehen, finden den Ansatz sehr gut und denken, dass dieses Hilfsmittel sinnvoll sein kann.
Uns würde interessieren, welche Erfahrungen Patienten in der Praxis damit gemacht haben. Sollten Sie von diesem Kopfstützsystem Gebrauch machen – oder gebraucht gemacht haben, dann würden wir uns sehr darüber freuen, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen dazu mitteilen würden. Senden Sie hierzu bitte einfach eine Mail an admin@lateralsklerose.info Wir werden Ihre Erfahrungen dazu gerne hier veröffentlichen – selbstverständlich anonymisiert unter Einhaltung aller Datenschutzrichtlinien. Herzlichen Dank.

Produktlink: https://prowalk.de/produkte/headup-collar-halskrause-bei-kopfhalteschwaeche/

Uni Rostock baut Versorgungsnetzwerk für ALS-Patienten auf

Verbesserung der Versorgung von ALS Patienten in Mecklenburg Vorpommern

Wie die Uni Klinik Rostock mitteilt, baut das ALS-Zentrum an der Unimedizin Rostock das Versorgungsnetz für ALS Patienten landesweit in MV aus.

Die zum Teil hochgradig behinderten ALS-Patienten und ihre Angehörigen haben in unserem Flächenland mitunter große Schwierigkeiten, spezialisierte Einrichtungen aufzusuchen. Das hat negative Auswirkungen auf Diagnostik und Therapie der Erkrankung und damit auf die Lebensqualität der Patienten und deren Familien“, sagt Prof. Dr. Dr. Andreas Hermann, der Rostocker Studienleiter.

Quelle und Mehr Informationen: https://www.med.uni-rostock.de/medien/pressemitteilungen/aktuelles/news/rostocker-unimedizin-baut-landesweites-versorgungsnetzwerk-fuer-als-patienten-auf

 

Umfrage für die Entwicklung von Medikamenten gegen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) / Motoneuron-Erkrankungen

Impact ALS Europe führt aktuelle Studie / Umfrage durch

Sind Sie ein ALS/MND-Patient oder eine Betreuungsperson?
Wir brauchen Ihre Hilfe!
Nehmen Sie an einer Umfrage teil, um die Entwicklung von Medikamenten gegen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) / Motoneuron-Erkrankungen (MND) zu unterstützen.

Bitte rufen Sie diese wichtige Umfrage ab unter:

https://cutt.ly/IMPACT-ALS-Survey

In dem Bestreben, Ihre Perspektive bei der Entwicklung neuer Medikamente und Dienstleistungen für ALS mit einzubeziehen, führen wir eine Umfrage unter ALS-Patienten und Betreuern durch. Diese Initiative, mit dem Titel
IMPACT-ALS (Investigating and Measuring Patient and Caregiver Trends about ALS), [sic: ist] eine gemeinsame Forschungsarbeit von Industrie, europäischen ALS-Ärzten und ALS-Hilfsorganisationen.

Die Umfrage soll die Belastung durch ALS und die Bedenken während des
Krankheitsverlaufs, die Präferenzen für die Behandlung und etwaige Unterschiede in der Wahrnehmung von Patienten und Betreuern ermitteln. Die Ergebnisse dieser Umfrage sollen in Fachzeitschriften mit Peer-Review und anderen Kanälen veröffentlicht werden. Die Ergebnisse der Umfrage werden allen Teilnehmern zugänglich gemacht.
Die Umfrage wird von 13/10/2020 bis 20/11/2020 zur Verfügung stehen.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Flyer: 176103948 IMPACT-ALS EU Survey flyer_DE