Archiv der Kategorie: ALS – News

Neue ALS-Forschungsgruppe in Ulm gegründet

In Ulm wurde am 11.1. 2013 das neue ALS-Forschungszentrum Ulm eröffnet.
Dieses ALS-Forschungszentrum ist Teil der Universität Ulm und wird von Professor Ludolph, dem Lehrstuhlinhaber für Neurologie der Universität Ulm und Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Ulm, geleitet. Seit seiner Berufung auf den Lehrstuhl für Neurologie im Jahr 1996 ist in Ulm eines der aktivsten europäischen ALS-Zentren entstanden. Die vielfältigen klinischen und wissenschaftlichen Anstrengungen rund um die Krankheit ALS sind einzigartig und wurden nun auch durch das Land Baden-Württemberg und vielfältige Sponsoren gewürdigt. So konnte ein in Deutschland einzigartiges Forschungszentrum für die Krankheit ALS realisiert werden.

In der Eröffnungsveranstaltung waren politisch und wissenschaftlich hochkarätige Gratulanten vertreten: Prof. Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Heribert Knorr, Ministerialdirigent Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Würtetemberg, Professor Karl Joachim Ebeling, Präsident der Universität Ulm, Professor Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gesellschaft, Professor Pierluigi Nicotera, aber auch Horst Ganter, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke DGM, gratulierten.

Prof. Wim Robberecht von der Universität Leuven, Belgien, hielt den exzellenten Krankheits-spezifischen Festvortrag. Er wies darauf hin, dass die ALS möglicherweise sehr unterschiedliche Ursachen haben kann; dass unterschiedliche Ursachen zu unterschiedlichen Zell-Fehlfunktionen führen können, die dann zu einer gemeinsamen, für die Zellen tödlichen, Endschädigung führen können. Dies bedeutet, dass je ursächlicher eine Therapie ansetzt, wenige Patienten besonders stark profitieren könnten und umso später in der Schadenskette eine Therapie ansetzt umso weniger bewirkt werden kann, dafür aber bei allen ALS-Patienten wirken könnte. Nach dieser Theorie sind die bisherigen Medikament eher am Ende der Schadenskette angesiedelt und können daher zwar vielen ein bisschen, aber keinem Patienten durchgreifend helfen. Professor Robberecht riet dazu nach den vielen rasch begonnenen Therapiestudien der letzten Jahre, die alle enttäuschend ausgingen, neue Therapieansätze eingehender und genauer im Labor zu prüfen, bevor Therapiestudien bei ALS-Patienten begonnen werden. Da die ALS eine Modellkrankheit für Krankheiten mit frühzeitigem Absterben von Nervenzellen ist, wird sie weiter im Mittelpunkt vielzähliger Forschungsaktivitäten stehen. Wann ein entscheidender Durchbruch erfolgen wird, ist leider unklar.

Eine wichtige Funktion auf dem Weg zu diesem erhofften Durchbruch könnte aber das neue ALS-Forschungszentrum in Ulm bilden, dem alle Anwesenden, inkl. Frau Bundesministerin Schavan, viel Erfolg wünschten.

Interessante Ansätze in der Stammzellforschung

Susanne Höing und Dr. Jared Sterneckert vom Max-Planck-Institut in Münster entdeckten neuartige Wirkstoffe im Kampf gegen ALS.
Die beiden Forscher züchteten aus Stammzellen motorische Nervenzellen und deren Helferzellen, um das Krankheitsbild der ALS nachzuahmen und testeten an diesen mehr als 11000 verschiedene Substanzen. Am Ende der Tests blieben 12 Substanzen übrig, die besonders vielversprechend waren.
Susanne Höing zu den Ergebnissen: „Einige der Wirkstoffkandidaten wirkten protektiv auf die Motoneurone, andere verhinderten die Entstehung von schädlichen Abbauprodukten. Vier der Substanzen begünstigten einen anti-oxidativen Prozess.“ Antioxidantien helfen den Zellen frei chemische Radikale zu entschärfen.
Es müssen noch weitere Vor-Testungen folgen, die die Ergebnisse bestätigen oder widerlegen, bevor der Einsatz bei Kranken erwogen werden kann. Dennoch ist dieser Ansatz als sehr vielversprechend zu werten.

Nogo-A-Antikörper – Ein interessanter Ansatz

Es kommt aufgrund verschiedener Prozesse bei ALS-Patienten letztlich auch zum Untergang der Nervenenden an den Muskeln. Bei Verletzungen an diesen Nervenenden, bildet der menschliche Körper selbständig neue Verästelungen um sich an noch funktionierende Nerven anzuschließen, die sogenannte Reinnervation. Dadurch werden nicht mehr mit Nervenimpulsen versorgte Muskelfasern von intakten Nervenfaser quasi „adoptiert“ und die Muskelfasern sind wieder ansteuerbar.
Bei ALS-Patenten wird dieser Prozeß durch ein Eiweiß Namens Nogo-A gehemmt. Warum dies so ist, ist bisher unklar. Dies bietet jedoch den Ansatz mit Antikörper gegen dieses Eiweiß vorzugehen.
Einige Arzneimittelhersteller haben hierzu Nogo-A-Antikörper entwickelt. In Vorstudien zeigte sich eine sehr gute Verträglichkeit des Medikaments. Nun soll Anfang 2013 eine breit angelegte Studie starten, um die Wirksamkeit und den Nutzen bei ALS-Patenten zu erforschen.

Bericht vom ALS-Gesprächskreis am 04.02.12

Am 04.02.2012 fand wieder ein ALS-Gesprächskreis durch Organisation von der DGM-Bayern statt.
Frau Werkmeister von der DGM war so freundlich, uns einen Bericht hierüber zur Verfügung zu stellen.

Referent: PD Dr. Martin Winterholler
Eine englische Arbeit, die ca. vor 3 Monaten erschienen ist, konnte zeigen, dass Sportler und körperlich aktive Menschen häufiger an ALS erkranken. Warum das so ist, dafür gibt es nur einige wage Vermutungen. Die motorischen Nervenzellen (Motoneurone) von körperlich sehr aktiven Menschen könnten stärker beansprucht und daher früher abgebaut werden. Auch genetische Risikofaktoren könnten zum Ausbruch der Erkrankung beitragen. Menschen, bei denen keine vaskulären Risikofaktoren vorhanden sind und die eher einen normalen oder niedrigen Cholesterinspiegel haben, scheinen ein größeres Risiko aufzuweisen, im Laufe ihres Lebens eine ALS zu entwickeln.

Die Punktprävalenz (Anzahl der Erkrankten zu einem bestimmten Zeitpunkt) liegt zwischen 2,7 und 7,4/100.000 Personen, vermutlich eher im oberen Bereich. Weltweit tritt die Erkrankung etwa gleich häufig auf. Es wird eine Zunahme der Erkrankung beobachtet. Die Ursache ist unbekannt, möglicherweise spielen auch Umweltfaktoren eine Rolle. Wahrscheinlich gibt es sehr viele unterschiedliche Ursachen, die eine ALS auslösen können.

Therapieansätze waren bisher schwierig, weil es vermutlich viele verschiedene Ursachen gibt. Das ist auch der Grund, weshalb mit den Therapiestudien der letzten Jahre kein Erfolg erzielt werden konnte. Bisher konnte eine Lebensverlängerung nur durch die Einnahme von Rilutek erreicht werden.
Im August 2011 erschien in „Nature“, das zu den rennomiertesten Wissenschaftsmagazinen zählt, eine sehr interessante Arbeit über eine mögliche Ursache der ALS.
Es handelt sich um bestimmte Eiweißbausteine mit dem Namen Ubiquilin. Diese verklumpen und werden von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergegeben. Die Forschung konzentriert sich nun auf die Frage, wie ein Verklumpen und eine Ausbreitung auf andere Nervenzellen verhindert werden kann. Hier wird ein neuer Ansatz für zukünftige Studien liegen.
Möglicherweise spielen auch Umweltfaktoren eine Rolle. Es scheint ein gehäuftes Auftreten von ALS in manchen Regionen zu geben.

An der Charite in Berlin läuft zur Zeit eine Studie mit der Substanz Olanzapin unter der Bezeichnung OLN ALS 01. Ziel ist die Erhaltung des Gewichts, da eine rasche Gewichtsabnahme mit einer Verschlechterung der Prognose einhergeht.
Ab Frühjahr wird eine Studie mit Dexpramipexol anlaufen. Die Studie wird weltweit
an verschiedenen Zentren angeboten. Welche Zentren in Deutschland daran beteiligt sein werden, ist momentan noch offen. Es werden weltweit unter bestimmten Ein- und Ausschlusskriterien etwa 400 Teilnehmer ausgewählt, in Deutschland werden 20 bis
30 Patienten teilnehmen können. Die Studie wird 18 Monate dauern.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Beatmung löst häufig Angst aus. Daher wird das Thema manchmal übersehen. Die Messung der Lungenfunktion gehört zur Untersuchung und Überwachung mit dazu. Wichtig ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Beatmung grundsätzlich gewünscht wird. Wenn man sich für eine Beatmung entscheidet, ist es wichtig, möglichst früh damit zu beginnen. Der Krankheitsverlauf selbst kann durch die Beatmung nicht verzögert werden. Wird keine Beatmung gewünscht, so ist eine palliative Begleitung möglich. Bei einer bulbären Beteiligung (Ausfall der Schluck- und Schlundmuskulatur) kommt es nicht zu einer vermehrten Speichelbildung, sondern der Speichel kann nicht mehr
geschluckt werden. So entsteht der Eindruck, als ob sich viel mehr Speichel bilden würde.
Der Mensch produziert am Tag etwa 1-1,5 Liter Speichel. Bei starker Schleimproduktion
kann eine Maskenbeatmung unter Umständen schwierig sein.
Eventuell kann ein Tracheostoma in diesen Fällen Abhilfe schaffen. Im Anschluss an die Präsentation von Herrn Dr. Winterholler konnte die Hustenhilfe „Cough Assist“ ausprobiert werden.. In der Pause nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, Fragen zu stellen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Ein Aufklärungsfilm zu den Möglichkeiten der Beatmung bei ALS wurde gezeigt.
Herzlichen Dank an Herrn Dr. Winterholler für sein Engagement und die gute Zusammenarbeit.

Susanne Werkmeister

Kommentar Prof. Dr. Hecht, 2.3.12:
Ob die Erkrankung tatsächlich zunimmt, ist nicht geklärt.

  1. haben nicht alle Studien eine Zunahme gezeigt (z.B. keine Zunahme im norditalienischen Register),
  2. könnte es auch sein, dass die Krankheit sicherer diagnostiziert wird, d.h. nicht öfters vorkommt, aber besser erkannt wird.

Im schwäbischen ALS-Register unter der Leitung der Universitätsklinik Ulm (u.a. Teilnahme der Neurologie Kaufbeuren), wurde bisher keine Zunahme gesehen.

Da die Neurologische Universitätsklinik Ulm bereits an der Vorstudie zu Pramipexol beteiligt war, ist stark anzunehmen, dass diese Klinik bei der aktuellen Pramipexol Studie wieder Studienzentrum ist.

Ideenschmiede für ALS-Patienten

Eine weitere Möglichkeit für ALS-Patienten und deren Angehörige, Rat in Ihrer persönlichen Situation zu finden, bietet nun die Internetseite www.dgmideenschmiede.de
Hier finden Sie Ideen von ALS-Patienten – für ALS-Patenten. Alltagstipps zu Reißverschlüssen, aber auch Themen rund um die Hilfsmittelversorgung werden hier besprochen und können auch selbst eingegeben werden.
Entwickelt wurde diese Idee von der Uni-Kassel als Selbsthilfeportal für ALS-Patienten. Kooperationspartner sind die Charitè in Berlin, die TU München und die DGM.

Dexpramipexol-Studie – update

Die angekündigte Phase III Studie zum Wirkstoff Dexpramipexol verschiebt sich nach Angaben des Herstellers Biogen zum Frühjahr 2012. Hintergrund der Verschiebung sei eine Veränderung der Studiendaten. So soll in dieser Phase eine Dosiserhöhung von 600mg/Tag getestet werden.
Zwischenzeitlich sind in der Zeitschrift „Nature Medicine“ weitere Daten aus der Phase II Studie erschienen. Einen ausführlichen Bericht können Sie hier nachlesen.

Anakinra mit positiven Effekt bei ALS-Mäusen

In einem Test an den transgenen SOD1-Mäusen (ALS Mäuse) mit dem für rheumatischen Erkrankungen eingesetzten Medikament Anakinra, konnte eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufes bei ALS festgestellt werden. Die Ergebnisse, welche am Max-Planck-Institut für Infektionsmedizin in Berlin erzielt wurden, waren so positiv, dass nun eine Therapiestudie für den Anfang 2010 geplant ist. Die Vorgesehene Studienzeit beträgt 12 Monate.

Irreführende Meldung zur ALS-Ursache

Aktuell wird mit der Schlagzeile „Ursache der ALS entdeckt“ in den Medien über eine Publikation in der renommierten Zeitschrift „Nature“ berichtet. Diese Arbeit ist sehr interessant, sie beschreibt eine neue Erkenntnis bei familiärer ALS, speziell einer Form, die über das X-Chromosom übertragen wird. Die gefundene Mutation im X-Chromosom, ist in einem Gen, das den Eiweißstoff Ubiquilin 2 codiert. Das Protein Ubiquilin 2 ist an der „Wiederverwertung“ von Eiweißen in der Zelle beteiligt. Ubiquilin 2 wurde in Ablagerungen in den Zellen von ALS-Patienten gefunden. Im Artikel wird darüber spekuliert, ob hier ein für alle ALS-Patienten wichtiger Krankheitsmechanismus gefunden wurde.

Die Studie zeigt unserer Ansicht nach mögliche Hinweise dafür, aber bisher keine Beweise. Daher ist die Überschrift der Artikel in verschiedenen Medien falsch gewählt und irreführend. Es ist jedoch spannend, was letztlich aus Versuchen, die dieser Studie sicher folgen werden, für neue Erkenntnisse gezogen werden können.

Berichte vom ALS-Symposium in Orlando

Im Dezember 2010 fand in Orlando das jährliche ALS/MND-Symposium statt. Aus aller Welt trafen sich Ärzte und Forscher um die neuesten Ergebnisse aus der ALS-Forschung zu besprechen.

Mit freundlicher Genehmigung von Frau Werkmeister von der DGM-Bayern, können wir Ihnen hier zwei Berichte über dieses Symposium anbieten.

Bericht von Frau Antje Faatz, DGM finden Sie Sie hier

Bericht von Herrn Prof. Dr. Thomas Meyer, Charité Berlin finden Sie hier