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ARTE zeigt Dokumentation über die ALS-TDF

Am Montag den 18. Juni 2007 um 23.05 Uhr zeigt der Sender ARTE

„Die Heywoods“ (Originaltitel: „So much – so fast“)
„Die Heywoods“ (Originaltitel: „So much – so fast“)

den Dokumentarfilm „Die Heywoods“ (Originaltitel: „So much – so fast“) von Steve Asher und Jeanne Jordan in deutscher Erstausstrahlung. Die Redaktion des Senders stellte uns freundlicher Weise den Film vorab zur Verfügung, wofür wir uns herzlich bedanken. Einmal mehr räumt ARTE der Krankheit ALS wertvolle Sendezeit ein und rückt diese zu Recht vermehrt in die Öffentlichkeit.

Der Dokumentarfilm zeigt die Geschichte von Stephen Heywood, der 1998 in jungen Jahren an ALS erkrankte. Nicht weniger zeigt er auch die Geschichte seines Bruders Jamie, der sich aufmacht seinen Bruder zu retten oder ihm zumindest das Leben zu verlängern. Er gibt seine Karriere als Marketingmanager auf und gründet eine Stiftung die es zum Ziel hat, Medikamente zu erforschen. In teilweise verzweifelt und dramatisch wirkenden Bildern erfährt man, wie die inzwischen weltweit bekannte ALS-TDF (ALS – Therapy Development Foundation) in Kellerräumen gegründet wurde und im Wettlauf gegen die Zeit sich rasant vergrößerte. In der Zwischenzeit schreitet die Krankheit bei Stephen voran und man bekommt einen Eindruck über die großen und die kleinen Probleme mit der ALS. Anrührend wirkt dabei das Aufwachsen der beiden Kinder von Stephen, welches ebenfalls festgehalten wurde. Während die Kleinkinder immer mehr Fähigkeiten wie Stehen, Laufen oder auch Sprechen erlernen, scheint es fast so, dass deren Vater in gleicher Weise und Geschwindigkeit diese verliert.

Der Film ist sehr sehenswert, nicht zuletzt deswegen weil er zeigt, was die Diagnose ALS für eine Familie bedeutet und bedeuten kann. Er macht auch deutlich, dass Forschung viel Zeit benötigt um Erfolge erzielen zu können – Zeit, die ALS-Patienten in der Regel nicht haben. Vielleicht gibt dieser Film so auch eine Chance über neue und effizientere Wege in der Therapieforschung nachzudenken.

1. Allgäuer Neurologie Symposium

Prof. Dr. Hecht beim 1. Allgäuer Neurologie SymposiumAm 21. April 2007 fand unter Einladung durch Herrn Priv. Doz. Dr. Martin Hecht das 1. Allgäuer Neurologie Symposium statt. Die Themen der Auftaktveranstaltung, welches zu einer Reihe ausgebaut werden soll, waren Parkinson, Schlaganfall, Neuromuskuläre Erkrankungen, Bewegungsstörungen, sowie ALS und Neurodegeneration.
„ALS ist mir ein besonderes Anliegen“ sagte Dr. Hecht in seinen Ausführungen zur Neuausrichtung der Kaufbeurer Neurologie, deren Leitung er als Ärztlicher Direktor und Chefarzt im vergangenem Jahr übernahm. So wurde bereits eine Kooperation mit der Ulmer Neurologie geschlossen, der Prof. Dr. A.C. Ludolph vorsteht, kein unbekannter in Sachen ALS. „Wir werden durch diese Kooperation auch Zugang zu aktuellen Studien ermöglichen können“ betonte Herr Dr. Hecht und fügte hinzu, dass die Kaufbeurer Neurologie nun auch an das Muskelzentrum der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) in München angeschlossen werde. Im Hinblick darauf, dass Herr Dr. Hecht die ALS-Ambulanz an der Uni-Klinik Erlangen gegründet und aufgebaut hat, lässt erahnen, dass die Neurologie Kaufbeuren künftig auch in Sachen ALS einen Schwerpunkt im Allgäuer Raum bieten wird.

Während der Veranstaltung referierten verschiedene Spezialisten Prof. Jan Kassubeck von der Neurologischen Abteilung der Uni-Klinik Ulmüber die genannten Themen. Über die ALS gab Prof. Jan Kassubeck von der Neurologischen Abteilung der Uni-Klinik Ulm in Vertretung von Prof. Ludolph ein „ALS Update 2007“. So berichtete er unter anderem über die aktuell zum Einschluss bereiten Studien an der Uniklinik in Ulm, wie die ONO2506 – 2. Studie und die Pilotstudie mit Pioglitazone, über die wir in den News vom Oktober 2006 bereits berichteten.

1. Allgäuer Neurologie Symposium
1. Allgäuer Neurologie Symposium

 

Thema Sterbehilfe und Patientenverfügung bei ALS

Ein Beitrag von Robert Suck

„Nicht durch die Hand eines anderen sollen die Menschen sterben, sondern an der Hand eines anderen“

Bundespräsident Horst Köhler, Oktober 2005

In den verschiedensten Medien werden derzeit die Gesetzesentwürfe zur Patientenverfügung diskutiert. Gerade in letzter Zeit häuften sich vor allem im Fernsehen Beiträge und Diskussionsrunden zu diesem Thema, in denen die verschiedensten Meinungen erläutert wurden.

Am Mittwoch den 28.03.2007 widmete sich auch der Sender 3Sat mit einem „3Sat Extra“ diesem Thema, in dem als Dokumentation der Film „Mein Tod gehört mir – Sterbehilfe in Deutschland“ vorneweg gezeigt wurde. Zu dieser gelungenen Dokumentation, haben wir bereits hier Stellung genommen. Es freut uns sehr, dass unsere Anregung damals, den Beitrag doch zu Wiederholen und eine Diskussionsrunde dazu zu veranstalten, ein offenes Ohr gefunden hat.

Auch in der Spiegelausgabe vom 26.03.2007 fand sich ein interessanter Beitrag zu diesem Themenkomplex, ein Interview mit dem Kölner Pathologen und Vorsitzenden der Bundesärztekammer Dr. Jörg-Dietrich Hoppe und Dr. Gian Domenico Borasio, Neurologe und anerkannter Palliativmediziner. Während dieses Interviews fielen ein paar nachdenkenswerte und wichtige Aussagen, wie zum Beispiel dass es wenig verbreitet ist, dass der Wille eines Patienten verbindlich ist, niemand darf gegen seinen Willen behandelt werden. Der Mensch genießt uneingeschränkte Autonomie und ist auch durch das Grundgesetz so abgesichert. Der Wille des Patienten, egal ob nun durch eine Willenserklärung in schriftlicher oder mündlicher Form, hat Vorrang und an diesem muss sich der Arzt auch halten. Vorraussetzung ist jedoch, dass der Patient bei klarem Verstand ist und seinen Willen klar äußert. Einem Schwerstdepressiven wird demnach nicht aufgrund suizidaler Absichten die „berühmte Maschine“ abgestellt.
„Es ist verboten, gegen den erklärten oder mutmaßlichen Willen eines Patienten und/oder einer fehlenden medizinischen Indikation einen Patienten künstlich zu ernähren“ Eine wichtige Aussage des Herrn Dr. Borasio, welches die Stellung der Patientenautonomie noch einmal verdeutlicht. Dies gilt im übrigen nicht nur für die künstliche Ernährung, sondern für alle Behandlungsformen wie beispielsweise der invasiven Beatmung.
Das ganze Interview, was ich für sehr lesenswert halte, ist in der o.g. Spiegelausgabe nachzulesen.

Zusammengefasst sollte aus meiner Sicht eine künftige gesetzliche Regelung zu Patientenverfügungen die Autonomie des Patienten klar festigen und fördern. Die Fragestellung, ob in einem solchen Gesetzestext die Formulierung „eine zu Tode führende Krankheit“ zu eng gewählt ist, ist für ALS-Patienten leider nicht von Bedeutung.
Die Angst der Menschen vor ungewollter Behandlung ist jedoch groß, was auch die Aussage einer auf der Strasse befragten Passantin klar zum Ausdruck bringt, die man in der o.g. Sendung auf 3Sat sehen konnte. Sinngemäß meinte sie, dass sie der Überzeugung ist, dass an Menschen die im Sterben in Krankenhäusern liegen noch „rumexperimentiert“ wird, sprich diese vielleicht für heimliche Studien für Medikamente benutzen. Hier ist dringend Aufklärung geboten. Es ist teilweise erschreckend, welche falschen Bilder die Menschen über Palliativmedizin haben. Meiner Meinung nach sollte hier viel besser aufgeklärt werden, anstelle über Sterbehilfe zu diskutieren, wie es in der 3Sat Sendung getan wurde. Aktive Sterbehilfe ist verboten und das ist auch gut so, genauso wie es gut ist, dass passive Sterbehilfe nicht nur erlaubt, sondern auch geboten ist. Nicht im Sinne eines ärztlich unterstützten Suizids, sondern im Sinne einer guten Palliativmedizin. Nicht Leben verlängern, sondern Leiden mindern. Wie Herr Dr. Thomas Meyer von der ALS-Ambulanz an der Charitè in Berlin in dem Film richtig darstellte, kann der Übergang hier ziemlich fließend verlaufen. Herr Dr. Meyer erklärte, wie durch Gabe von Morphinen der Sterbevorgang erleichtert werden kann. Was dabei nicht richtig zum Ausdruck kam ist, dass dies eine palliative Maßnahme ist, also im Endstadium der Erkrankung in dem die oben beschriebenen medizinischen Indikationen fehlen (also eine Behandlung keinen Sinn mehr macht) und nicht so gehandhabt wird, bei einem frühem Stadium. Der Hintergrund ist einfach: Im Sterbeprozeß können Ängste entstehen, vielleicht Atemnot, Schmerzen und dergleichen. Die jeweiligen Symptome werden mit starken Medikamenten gelindert unter in Kaufnahme, dass der Patient früher verstirbt. Der natürliche Sterbevorgang wird demnach nicht künstlich herbeigeführt (ärztlich assistierter Suizid) sondern für den Patienten erleichtert und ertragbarer gemacht.
Fest zu halten ist jedoch, dass in jedem Stadium der Erkrankung der Patient über die Art der Behandlung frei entscheiden kann. Hierzu ist es unbedingt notwendig, sich mit dem behandelnden Arzt auszutauschen um die Möglichkeiten einer sinnvollen Therapie kennen zulernen und um Ängste abzubauen. Letztlich ist es auch deshalb wichtig um dem Arzt seinen Willen darzulegen, wie und wann er mit welchen Therapien behandelt werden möchte. Nichts anderes ist eine Patientenverfügung, an der sich der Arzt zu halten hat. Zudem, der Patient hat bei der ALS durchaus bereits Kenntnis von der Krankheit und kann eine sehr spezifische Patientenverfügung formulieren. Dies sollte er tun und regelmäßig aktualisieren, das kann oft auch nur eine erneute Bestätigung mit Datum sein.

Ich bin mir sicher, wenn der Patient gut und vernünftig über die Palliativmedizin, über die Arbeit von Hospizen und die vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt wurde, dass in den allermeisten Fällen der Wunsch nach ärztlich unterstützten Suizid wie er beispielsweise in der Schweiz praktiziert wird, verloren geht.

Krankheitsstopp und Aussicht

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, erlauben Sie mir Bitte folgende Fragen: Haben Sie Kenntnis über den Krankheitsverlauf von Stephen Hawking, ob bei ihm die Krankheit weiter geht, oder ob sie bei ihm gar zum Stillstand gekommen ist?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Genaue Kenntnis über die Situation von Stephan Hawking habe ich nicht. Sicherlich ist er seit mehreren Jahren beatmet und kommuniziert über ein Kommunikationsgerät.

Gibt es Fälle bei der ALS, die plötzlich gestoppt haben?
Ich kenne persönlich mindestens 2 Patienten bei denen die ALS zum Stillstand gekommen ist. Selten gibt es diese Verläufe.

Sehen Sie für die nächsten ca. 5 Jahren Ansätze, die Krankheit zumindest deutlich zu verlangsamen oder gar Heilungschancen? Danke für die Beantwortung im voraus.
Eine ursächliche Therapie der ALS ist schwierig und bisher nur in Ansätzen vorhanden. Aber, da die ALS eine Modellerkrankung der Neurodegeneration ist, wird an vielen Stellen der Welt sehr, sehr intensiv geforscht. Eine Vorhersage, was in den nächsten 5 Jahren dabei gefunden wird, kann ich jedoch nicht machen.

Studie zur Verzögerung des Muskelabbaus am Zwerchfell

Im Verlauf der ALS kommt es unter anderem zum Abbau der Muskulatur des Zwerchfells. Folge davon ist eine respiratorische Insuffizienz mit ansteigendem CO⊃2; Gehalt in der Lunge. Dies stellt meist den lebensbegrenzenden Faktor bei ALS-Patienten dar.
In den USA wurde im März 2000 eine neuartige Zwerchfellstimulation eingesetzt, die den Abbau der Muskulatur dort verlangsamen soll. Durch einen Endoskopischen Eingriff werden am Zwerchfell Elektroden angebracht, die von außen dann elektrisch Stimuliert werden können.
Eine aktuelle Studie in den USA soll nun Aufschluß darüber geben, ob diese Methode einen tatsächlichen Nutzen im Sinne von Verlangsamung des Abbaus der Zwerchfellmuskulatur bringt. Dies könnte den Beatmungszeitpunkt hinauszögern.

Medikament gegen zähen Schleim

Guten Tag, eine finnische Bekannte hat mich gebeten zu erfragen, welche Medikamente in Deutschland gegen zähen Schleim verschrieben werden bzw. welche Linderung verschaffen. Die Patientin dort hat bereits ein Medikament namens Triptyl. Mit freundlichem Gruß und vielen Dank M. M.

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Zäher Schleim ist ein oft schwer lösbares Problem, das wohl v.a. mit der fehlenden Abhustfunktion zusammenhängt. Wir versuchen den Schleim flüssiger zu machen mit Acetylcystein (ACC) unter viel Flüssigkeitszufuhr und ihn dann herauszulösen durch Abklopfen, einem Vibrationsgerät oder der mechanischen Abhusthilfe CoughAssist®.
Triptyl enthält übrigens Amitriptylin, geeignet den Speichel zu reduzieren, aber nicht zähen Schleim zu behandeln.

Bewegung und Ernährung bei der ALS

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht,
seit einiger Zeit beschäftige ich mit der Krankheit ALS, da die bisherigen Untersuchungen und Beschwerden in diese Richtung deuten. Mich interessiert jetzt inwiefern die Krankheit durch Bewegung/Ernährung eher positiv oder negativ beeinflusst wird. Und zwar zeigen neuere Erkenntnisse das es bei ALS zu Ablagerungen kranker Eiweiße kommt, die zu einem Untergang der Motoneuronen führen. Wäre es denn jetzt denkbar (zumindest theoretisch möglich), dass: 1. durch eine eweißarme Ernährung sich wenigere kranke Eiweiß bilden und ablagern können und 2. durch einen möglichst geringen Energieverbrauch (zwar allseitig bewegen, aber wenig/schonend; viel schlafen)die Motoneuronen weniger Nährstoffe benötigen und damit auch weniger Eiweiße anlagern und damit die Motoneuronen länger überleben. Ich wäre Ihnen sehr dankbar wenn Sie mir diese Frage beantworten können. Ich weiß auch das Sie mir keine Empfehlung geben können, mich interessiert nur ob zumindest die oben gemachte Annahme das eiweißarme Ernährung und ein geringer Energieverbrauch eine geringere Nährstoffversorgung (und damit auch weniger Proteine) nach sich ziehen.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Mit freundlichen Grüßen

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht:
Die Proteinablagerung ist sicherlich nicht direkt mit der Ernährung gekoppelt. Die Ablagerungen entstehen über längere Zeit und sind am ehesten als „Verpackung“ von „unverdaulichen“ Zellabfällen zu deuten und nicht als vermehrte Produktion. Eine übermäßige Muskelbelastung könnte tatsächlich in vielerlei Hinsicht schädigend einwirken (Energiehaushalt der Zellen etc.), eine regelmäßige schonende Bewegung ist aber wichtig und nötig. Dem entgegen können eine proteinarme Ernährung und ein Bewegungsmangel den Abbau der Muskulatur beschleunigen. Daher halte ich eine ausgewogenen Ernährung (eher proteinreich) und regelmäßige körperliche Aktivität für eindeutig sinnvoller.

Antiviral wirkende Medikamente bei der ALS

ist es denkbar, daß das anti-viral wirkende \“sutherlandia\“ (Lessertia frutescens) auch bei als-patienten eine verlaufshemmende wirkung wie bei aids- und krebs-patienten haben könnte?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht
Für die ALS ist dies sehr unwahrscheinlich. Mehrfach wurden Untersuchungen zu viralen Erregern überprüft. Letztlich waren alle Vermutungen haltlos und alle antiviralen Therapieversuche ohne Erfolg.