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Raucher besitzen höheres Risiko für eine ALS

Im Rahmen einer Langzeitstudie von Dr. Hao Wang von der Harvard School of Public Health in Boston, stellte sich offensichtlich heraus, dass Raucher ein erhöhtes Risiko besitzen an der ALS zu erkranken.
In der Studie wurden Daten von rund 1,1 Millionen Patienten ausgewertet, darunter waren 832 ALS-Patienten. Demnach liegt das Risiko an einer ALS zu erkranken bei Rauchern um 42% höher, als bei Nichtrauchern. Bei ehemaligen Rauchern beträgt das erhöhte Risiko 44%.
Weiter wurde im Rahmen dieser Studie festgestellt, dass mit fortschreitendem Alter ebenfalls das Risiko steigt, an einer ALS zu erkranken und das Männer mit ausgeprägteren Symptomen zu tun haben.

Muskelkrämpfe bei der ALS

Wodurch und zu welchem Zeitpunkt im Krankheitsverlauf treten Muskelkrämpfe, Versteifungen auf – auch zu Beginn? Oder sind das immer erst Folgen?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Es gibt keine feste Regel. Vermehrte Muskelkrämpfe können auftreten, es gibt aber auch Patienten ohne Muskelkrämpfe. Wenn Muskelkrämpfe auftreten, können diese eher früh, aber auch erst später auftreten.
Und wichtig aber auch folgendes: Es gibt viel andere Ursachen für Muskelkrämpfe, die nichts mit einer ALS zu tun haben.
Zusammengefasst: Weder sind Muskelkrämpfe regelhaft bei der ALS vorhanden noch sind sie ALS-spezifisch.

Therapie mit HNC bei ALS

Sehr geehrte Damen und Herren, vor kurzem habe ich gehört, dass Nervenerkrankungen wie ALS mit HNC behandelt werden können. Stimmt das bzw. gibt es verifizierte, verlässliche Informationen darüber? Vielen Dank für Ihre Antwort. MFG

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Mir ist HNC nicht direkt bekannt, wissenschaftliche Studien dazu auch nicht. Physiotherapie in jedweder Form, und als Art der Physiotherapie würde ich laut Angaben im Internet HNC verstehen, ist jedoch prinzipiell immer sinnvoll. Physiotherapie heilt die ALS nicht, sondern kann helfen „trotz ALS“ möglichst viel motorischen Möglichkeiten weiter nutzen zu können.

Invasive Beatmung und Beschleunigung der Lähmungen

Sehr geehrte Damen und Herren, auf Ihrer Web-Seite habe ich gelesen, dass nach Ihrer Erfahrung bei invasiv beatmeten Patienten nach 1-2 Jahren eine vollständige Lähmung vorliegt. Bei meinem Mann steht die Entscheidung über eine solche Beatmung wegen besonderer Schwere der bulbären Symptomatik an. Zur Zeit ist er (1,5 Jahre nach der Diagnose) noch sehr mobil und körperlich verhältnismäßig wenig eingeschränkt. Würde die Invasive Beatmung nach Ihrer Einschätzung vermutlich zu einer Beschleunigung der Lähmungserscheinungen führen? Mit freundlichen Grüßen

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Die genannten Zahlen beziehen sich auf eigene Beobachtungen der gemeinsamen Patienten aus der Erlanger Zeit im Neuromuskulärem Zentrum.
Es ist 1. für den einzelnen Patienten schwer und wenn dann nur nach persönlicher Untersuchung vorhersagbar und
2. durch die Beatmung kein schnelleres Eintreten von Lähmungen zu erwarten.
Prinzipiell kann man darüber spekulieren, ob die bessere Sauerstoffversorgung sich sogar positiv auswirkt, es gibt dazu aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Da eine Beatmung eine dem Gesunden gleiche Atemsituation bewirkt (und keine „Überversorgung“), besteht kein Grund eine beschleunigte Verschlechterung anzunehmen.

Großes ALS-Register Schwaben

Auf Initiative von Prof. Dr. Ludolph, Ordinarius für Neurologie der Universität Ulm, wird ein Register für Patienten mit Motoneuron-Erkrankungen im Raum Schwaben erstellt. Dies ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstütztes Projekt ähnlich einem „Krebsregister“. Das Projekt wird dabei von allen insgesamt 21 Neurologischen Kliniken in Schwaben (sowohl auf Baden-Würtembergischer als auch auf bayerischer Seite, inkl. der Neurologie Kaufbeuren) unterstützt, um ein möglichst lückenloses Register für diese relativ große Region aufbauen zu können. Das Register soll Aussagen darüber erlauben, wie viele Betroffene es in dieser Region gibt und Hinweise geben, welche Faktoren auf die Erkrankung eventuell Einfluss nehmen können. Das Register wird alle Neuerkrankungen ab Oktober 2010 erfassen. Erkrankungen ab Oktober 2008 sollen aus der Krankenakte erfasst werden.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Erfassung der Daten nicht automatisch geschieht. Es bedarf der Zustimmung des Patienten. Sind Sie in einer der teilnehmenden Kliniken in Behandlung, so bitten wir Sie, an der Studie teilzunehmen. Ihr behandelnder Arzt dort, wird Sie über den Ablauf und den Datenschutz gerne aufklären. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig und kann auch zu jedem Zeitpunkt widerrufen werden. Sie Unterstützen mit Ihrer Teilnahme die Erforschung von Motoneuron-Erkrankungen.

ALS im Fokus der Politik

Die SPD Bundestagsfraktion um Frank-Walter Steinmeier startete eine sog. „kleine Anfrage“ an die Bundesregierung. Die Abgeordneten fragen, in welcher Höhe sich der Bund in den vergangenen Jahren finanziell an der Erforschung der Amyotrophen Lateralsklerose beteiligt hat, wie die im Bundeshaushalt 2009 zusätzlich eingestellten drei Millionen Euro für die Erforschung von ”seltenen sowie vernachlässigten Krankheiten“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung genutzt wurden und ob die Regierung bis 2013 – wie von der EU empfohlen – einen nationalen Plan zur Bekämpfung seltener Krankheiten vorlegen wird.
Der Fragenkatalog umfaßt 38 Fragen, den Sie hier nachlesen können.
Wir hoffen sehr, dass es sich hier nicht wie so oft um „Parteipolitisches Geplänkel“ handelt und der Grund der Anfrage, nämlich Fördermittel zur Erforschung der ALS zu schaffen, weiter verfolgt wird. Unsere Hoffnung stützt sich nicht zuletzt auch auf das Wissen, dass unser derzeitiger Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg selbst in seiner Familie einen Menschen durch ALS verloren hat.

Schüssler-Salze bei ALS

Sehr geehrter Dr. Hecht, was halten Sie von dem Einsatz von Schüssler-Salzen bei ALS? Können sie schädlich sein? Besonders die Calcium-Varianten? Ich hatte gelesen, dass die betroffenen Zellen sehr empfindlich auf eine zu hohe Dosierung von Calcium reagieren können. Herzlichen Dank für Ihre Beantwortung im Vorraus.


Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:

Ich habe keine Erfahrung mit Schüssler-Salzen, mir sind keinerlei Daten zur Anwendung bei ALS bekannt.
Anmerkung Robert Suck:
M. E. ist eine Beeinflussung im Krankheitsverlauf (gleich ob positiv oder negativ) nicht zu erwarten. Bei meinem Schwiegervater haben wir zu Beginn auch Schüssler Salze angewandt. Das subjektive Empfinden war positiv, was aber keine Ausage über Wirksamkeit oder nicht trifft.

Beatmungspflicht und Entwöhnung bei ALS-Patienten

ich habe über die wichtigkeit der ausreichenden beatmung bei versagen der atemmuskulatur bei als gelesen wie sinnvoll, möglich und gefährlich ist es nach einer notintubation und beatmungspflicht einen als patient zu entwöhnen von der beatmung

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht
Es hängt davon ab inwieweit eine akute zusätzliche Krankheit (Lungenentzündung ,…) und inwieweit eine Atemmuskelschwäche durch die ALS zur Beatmung geführt haben.
Dies kann nur von den konkret behandelnden Ärzten beantwortet werden. Sollten diese wenig Erfahrung mit ALS haben (z.B. anästhesiologisch geführte Intensivstation) ist zu empfehlen einen Neurologen hinzuzuziehen, der Erfahrungen mit ALS hat.

ALS-ähnliche Erkrankungen

Sehr geehrte Damen und Herren, ist es möglich, dass bei bereits vorliegender Schwäche und Atrophie der Muskeln (leichterer Art: Probleme beim Treppensteigen heben etc.) keine Veränderungen im EMG sichtbar sind und trotzdem eine ALS vorliegt? Welche anderen Erkrankungen gehen mit Faszikulationen, Krämpfen, Atrophien und Schwächen einher? Mit freundlichen Grüßen

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Faszikulationen und Krämpfe sind nicht spezifisch für eine ALS. Bei einer ALS sind bei eindeutigen Symptomen fast immer im EMG und/oder in der klinischen Untersuchung pathologische Veränderungen zu sichern. Andernfalls ist ein sogenanntes Faszikulations-Krampi-Syndrom am wahrscheinlichsten. Dies ist vom Wesen her harmlos, jedoch für viele Betroffene deutlich beeinträchtigend, nicht zuletzt wegen der häufigen Sorge, dass es doch eine ALS ist. Wichtig ist ein Kontrolluntersuchung nach 3-6 Monaten. Ggf. kann es auch sinnvoll sein nach Konsultation eines Neurologen (was offenbar geschehen ist) noch zur Bestätigung eine ALS-Spezialambulanz aufzusuchen.

Abgrenzung Post-Polio-Syndrom zu ALS

Hallo,
habe eine allgemeine Frage und bin nicht von ALS betroffen. Habe nur darüber gelesen, und mir fiel dann ein, dass ich vor einiger Zeit mal etwas über das Post-Polio-Syndrom gelesen hatte. Habe mich dann gefragt, wie man das wohl von ALS unterscheidet? (man kann es ja sicher nicht anhand von Polio Antikörpern unterscheiden, zu meiner Zeit zumindest bekam fast jedes Kind die Polio Schluckimpfung. Das bedeuet ja wahrscheinlich dass nun ungefähr jeder Polio Antikörper hat?)
Vielen Dank und viele Grüße!

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Das Post-Polio-Syndrom ist klinisch zu unterscheiden, da es
1. in der Vorgeschichte eine Polio-Erkrankung vorhanden sein muss,
2. nur Veränderungen der unteren Motoneurone vorhanden sind
3. im Gegensatz zur ALS oft Schmerzen dominieren und zudem
4. elektromyographisch die Veränderungen zum Großteil „uralt“ sind im Gegensatz zu den akuteren Veränderungen bei der ALS.
Zusammengefasst ist ein Postpoliosyndrom gut abgrenzbar.