Archiv der Kategorie: FAQ – Antworten

Hier finden Sie alle bereits gestellten Fragen inkl. der Antworten.

Gewichtsabnahme bei ALS

Hallo, bei meinem Vater wurde ALS diagnostiziert. Neben Muskelschwäche, Faszikulationen und Atemschwäche leidet er an sehr starker Gewichtsabnahme. Ist der extrem starke Gewichtsverlust ebenfalls ein Zeichen der ALS?

Robert Suck:
Die ungewollte Gewichtsabnahme bei ALS Erkrankten ist oftmals eine Begleiterscheinung, aber kein spezifisches Zeichen der ALS. Uräschlich können hier verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Schluckstörung (verminderte Nahrungsaufnahme) oder der Abbau der Skelettemuskulatur (ALS-Kachexie) genannt werden.
Näheres siehe auch hier: https://www.lateralsklerose.info/hochkalorische-ernaehrung-koennte-verlauf-verlaengern/

Genetischer Zusammenhang zwischen verschiedenen Motoneuronenerkrankungen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hecht,

Besteht, basierend auf den aktuellen Forschungsergebnissen, ein genetischer Zusammenhang zwischen verschiedenen Motoneuronenerkrankungen? Leider befindet sich in meinem Umfeld ein an spinaler Muskelatrophie (Typ 1) erkranktes Kind, bei dessen Vater ein Verdacht auf ALS geäußert wurde. Das Neugeborene wurde genetisch mit den bekannten Schädigungen der SMN1 Gene getestet, der Vater – als Überträger – jedoch nur mit einem schadhaften Gen. Gibt es hier einen Zusammenhang, bzw. birgt ein fehlerhaftes SMN1 – Gen ein Risiko an ALS zu erkranken? Falls ja, wäre die Anzahl von SMN2-Kopien (ähnlich wie bei der SMA) eine mögliche Hilfe bei der Einschätzung des Krankheitsverlaufes?

Besten Dank für Ihre Ansicht in dieser Sache

Gruß

Prof. Dr. Martin Hecht:
Grundsätzlich wurden bei ALS-Patienten keine Defekte in den SMN-Genen gefunden, der Gedanke lag natürlich nahe.

In der aktuellen Literatur, wurde keine Assoziation mit defekten SMN1-Genen und auch nicht mit der Anzahl der SMN2 Kopien gefunden, dafür ein erhöhtes Risisko zu erkranken bei einer Verdoppelung der SMN1-Gene. Diese Konstellation liegt aber, sofern ich dies richtig verstanden habe – nicht vor.

Zunehmender Nasenfluss bei ALS

In letzter Zeit werde ich von ständigem Sekretfluss
aus der Nase beeinträchtigt, insbesondere morgens nach dem Aufstehen und während der Einnahme von Mahlzeiten,aber auch ansonsten tagsüber attackenweise. Hinzukommend musss ich ständig durch Abhusten zähen Schleim loswerden, was mir immer schwerer fällt.
Zur Atemunterstützung hatte ich zunachst nachts ein Gerät. Nun benötige ich es auch öfter tagsüber.
Gibt es eine Möglichkeit ,den Fluss des Nasensekretes zu reduzieren? Da meine Hände inzwischen gelähmt sind, kann ich die Nase nicht mehr selbst abwischen und bin somit immer auf Hilfe angewiesen.

Prof. Dr. Martin Hecht:
Grundsätzlich hängen derlei Probleme zumeist mit der Schwäche der Schluckmuskeln und/oder des Gaumensegels zusammen. Das Gaumensegel bildet den Abschluß zwischen Mund und Nasenraum. So kann bei schwachem Gaumensegel Essen in die Nase geraten und dorthin gelangen und zusätzlich einen Reiz auslösen. Letztlich gibt es da leider keine Lösung außer der logopädischen Therapie und ggf. Vermeidung (Ernährungssonde/PEG).
Bei einigen Menschen mit Maskenbeatmung ist auch trockene Luft für eine Nasenschleimhautreizung verantwortlich, dann ist eine Anfeuchtung/Anwärmung der Beatmungsluft durch ein Zusatzgerät hilfreich.

Veränderung der Persönlichkeit durch ALS?

kann ALS das persönlichkeitsbild eines Erkrankten verändern?

Prof. Dr. Martin Hecht:
Bei der ALS gibt es Veränderungen im Frontalhirnbereich. Wir wissen mittlerweile, dass es bei Patienten mit einer bestimmten genetischen Veränderung, C9ORF72, zu klinischen Bildern kommt, die von rein frontalen Veränderungen (Fronto-Temporale Lobär-Demenz (FTLD)) bis zur reinen ALS reicht. Auch bei ALS-Patienten ohne erkennbare genetische Verursachung (sogenannte sporadische Fälle) wurden sehr leichte bis mittlere Veränderungen im Frontalhirn nachgewiesen. Frontal sind jedoch keine Gedächtnisinhalte, sondern Verhaltensweisen gespeichert. Dies führt bei ALS-Patienten manchmal zu eher gleichmütigen, unkritischen Verhaltensweisen, nicht zu einer vollständigen Persönlichkeitsveränderung, insbesonder nicht zu aggressiven Verhaltensweisen. Im Alltag ist es die Regel, dass ALS-Patienten sehr angenehm sind und gerade durch den positiven Kontakt zu ihren Angehörigen oder Pflegern geschätzt werden. Zudem sind sie so gut wie immer in der Lage auch wichtige Entscheidungen selber zu treffen.

Zusammenhang zwischen Schlaganfall und ALS?

Als Logopädin hatte ich in letzter Zeit zwei Patienten mit ALS, die in den Jahren zuvor einen Schlaganfall erlitten haben. Ist ein Zusammenhang zwischen Schlaganfall und ALS bekannt?
Vielen Dank für Ihre Mühe!

Prof. Dr. Martin Hecht:
Schlaganfälle sind häufig. Ein Zusammenhang mit einem Hirninfarkt oder einer Hirnblutung ist für die ALS nicht vorhanden. Es handelt sich um ein zufälliges Zusammentreffen.

Trigeminusneuropathie nach Zahnbehandlungen bei ALS

Sehr geehrter Herr Prof. Hecht!
Kann aufgrund einer ALS Erkrankung eine Trigeminusneuropathie nach Zahnbehandlungen auftreten? Behandelt man diese bei ALS auch mit Antiepileptika wie Pregabalin o.ä.?
Vielen herzlichen Dank

Prof.Dr.Martin Hecht
Eine Trigeminusneuralgie – auch nach Zahnbehandlung – ist nicht ALS-bedingt. Sie kann wie üblich, z.B. mit Pregabalin oder Oxcarbazepin, behandelt werden.

Vermehrter Speichelfluss bei ALS – Was tun?

Wie kann man erhöhten Speichelfluss reduzieren?
Prof. Dr. Martin Hecht:
Vermehrter Speichelfluß bei der ALS kommt nicht von einer vermehrten Speichelproduktion, sondern von der Schluckstörung. Wir stellen pro Tag ca. 1,5 Liter Speichel her, der dann im Magen-Darm-Trakt wieder aufgenommen wird. Ein weitgehend unbemerkter Kreislauf, da das Schlucken des Speichels dem Gesunden oft gar nicht bewußt ist. Dennoch führt bei der ALS der normale (oder teilweise sogar etwas verminderte) Speichelfluß zu einer vermehrten Speichelansammlung im Mund, läuft dieser dann unkontrolliert nach außen ab ist dies nicht nur direkt unangenehm (nasses Hemd), sondern auch oft sehr peinlich.
Wichtigste Therapiemaßnahme ist daher das Schlucktraining. Sollte ein ALS-Patient mit unwillkürlichem Speichelfluß noch keine Logopädie haben, ist es allerhöchste Zeit dafür.
Genügt dies nicht mehr, ist der erste medikamentöse Schritt sogenannte Anticholinergika. Diese kennen viele von der Eigenmedikation bei See- oder Autoreisen, so ist z.B. das Scopoderm (r) -Pflaster ein anticholinerges Medikament. Leider ist dieses oft nicht erhältlich, möglich ist auch der Einsatz von Atropin-Augentropfen, die aber über den Mund eingenommen werden oder Medikamente mit anticholinergen Teilwirkungen wie das Amitriptylin. Alle Anticholinergika, die im gesamen Körper wirken, da als Pflaster, Tablette oder Tropfen eingenommen, haben den Nachteil, dass sie auch an anderen Stellen wirken, d.h. häufig Nebenwirkungen haben: Zu Ihnen gehören vermehrtes Glaukom (erhöhter Augeninnendruck), Verstopfung, vermehrte Prostata-Beschwerden und nicht zuletzt kann das Gedächtnis beeinträchtigt sein. Alle diese Nebenwirkungen vergehen sofort wieder, wenn das Medikament abgesetzt wird, daher lohnt sich der Versuch.
Wenn dies nicht ausreichend wirkt, ist Botulinum ein oft guter Weg. Dieser Wirkstoff (oft besser unter einem Handelsnamen Botox (r) bekannt), wirkt lokal anticholinerg, dort, wo es hingespritzt wird. Es wird daher Botulinum in die Speicheldrüsen injiziert. Dies kann prinzipiell auch die verbliebenen Schluckmuskeln und Kaumuskeln schwächen, dies ist in der Hand von geübten Ärzten jedoch meist zu vermeiden. Oft erfolgt bei starkem Speichelfluß die Ernährung bereits über eine PEG-Sonde, sodass dieser Aspekt dann weniger wichtig ist. Die Botulinum-Injektionen müssen ca. alle 3 Monate wiederholt werden, dann endet die Wirkung jeweils wieder.
Wenn dies alles nichts hilft, können die Speicheldrüsen in Einzelfällen auch dosiert bestrahlt werden (Strahlentherapie, wie bei Krebserkrankungen), um die Speichelproduktion zu vermindern.
Oft findet sich ein Weg um zu lindern, ganz abstellen läßt sich das Problem jedoch nicht.

Unterschied zwischen vererbter und normaler ALS

Sehr geehrte Damen und Herren
Kann man eine vererbte oder eine normale ALS medizinisch unterscheiden oder nachweisen

Prof. Dr. Martin Hecht:
Es ist keine Unterscheidung durch Einzelanamnese (Krankheitsverlauf) oder Untersuchung möglich.  Gab es bereits einen ALS-Erkrankten Blutsverwandten ist eine routinemäßige Testung bekannter Gene nur im Rahmen von wissenschaftlichen Studien sinnvoll, da es weder im Krankheitsverlauf noch in der Therapie de facto keine Unterschiede gibt.

ALS-Heilung in Fernsehserie

In einer Serien-Sendung der ARD wurde eine Frau, die an ALS erkrankt war, geheilt. Gib es inwischen tatsächlich schon Heilung, und wenn nicht,wie kann man denn so etwas in eine hirnrissige Sendung bringen? Über eine Antwort würde ich mich freuen.

Robert Suck:
Nein, es gibt leider noch immer keine Heilung für ALS. Sollte dies in einer Fernsehsendung anders dargestellt worden sein, kann man das getrost als unseriös bezeichnen.