Archiv der Kategorie: FAQ – Antworten

Hier finden Sie alle bereits gestellten Fragen inkl. der Antworten.

Kann man sich testen lassen

Meine Mutter ist an ALS erkrankt und gestorben. Da es Aussagen gibt zur Vererbbarkeit der Krankheit, kann man sich prüfen bzw. testen lassen ob man selbst betroffen ist, bevor die Krankheit sichtbar/bemerkbar wird.

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht:
In den meisten Fällen macht das keinen Sinn. Warum?

Ca. 5% der ALS-Patienten haben eine familiäre, vererbte Form. Diese ist dominant vererbt, d.h. jeder mit einer entsprechenden genetischen Veränderung erkrankt auch (es sei denn, er stirbt aus anderem Grund in jungen Jahren).
Sollte in Ihrer Familie außer der Mutter bisher kein ALS-Fall aufgetreten sein, ist eine familiäre Form nicht anzunehmen.

Das Problem mit der Testung ist folgendes: Es ist hauptsächlich ein verändertes (mutiertes) Gen, das ein bestimmtes Enzym, die Superoxiddismutase 1 kodiert, ( = mSOD1) bekannt. Allerdings haben selbst von den familiären Patienten nur 20% diese Veränderung, die anderen sind bsiher nicht bekannt (80%!!).

Was bedeutet das? Wenn in Ihrer Familie außer der Mutter bisher kein ALS-Fall aufgetreten ist, ist die Wahrscheinlichkeit für eine mSOD1 extrem gering. Würden Sie sich testen lassen, erhalten Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein unauffälliges Ergebnis. Dies würde jedoch für Sie fast keine zusätzliche Sicherheit bedeuten.

Der einzige sinnvolle Fall für eine Testung ist: Es besteht von der Familiengeschichte her eine familiäre Form + bei bereits an ALS Erkrankten wurde die mSOD1 bereits nachgewiesen. In diesem Fall kann ein Nachkomme eine klare ja/nein Antwort erhalten.

Tod durch ersticken

Geehrter Herr Dr. Hecht, ich lese immer wieder das bei den meisten ALS-Patienten der Tod durch ersticken eintritt. Wie muss ich das verstehen und auf was muss ich mich in dem Fall vorbereiten als Angehöriger? Vielen Dank für die Beantwortung dieser vielleicht heiklen Frage.

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht
Eine sehr wichtige, aber auch schwierige Frage: Dies ist falsch in dem Sinne des Erstickens. Richtig ist, dass die Beteiligung der Atmemuskulatur das Leben von ALS-Kranken zumeist begrenzt. Die Atmung hat zwei Funktionen, die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid. Einen Mangel an Sauerstoff spüren wir als Atemnot, der Anstieg des Kohlendioxid macht uns müde bis zur „Narkose“. ALS-Patienten werden bei einer fortgeschrittenen Schwächung der Atemmuskulatur durch das Kohlendioxid müde. Begleitend kann in seltenen Fällen etwas Atmenot bestehen, was aber durch die Gabe von Sauerstoff gut linderbar ist. Schreitet die Atemlähmung fort schlafen die Patienten ein. Ein Ersticken i.S. eines akuten um Luft Ringens tritt nicht auf.
Viele Patienten und ihre Angehörigen beschäftigen sich im Stillen mit dieser belastenden Frage, daher ist es wichtig diese Frage zu stellen und zu beantworten.

Muskelschwund im Handballen

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, häufig wird beschrieben, dass sich bei Beginn der Krankheit der Muskelschwund oft an den kleinen Handmuskeln zeigt, insbesondere am Handballen. Ich würde gern wissen, wie man das erkennt. Sind es Stränge, die plötzlich fehlen? Sind es Mulden, die man auch im entspannten Zustand sieht ? Ist die Kraft sofort beeinträchtigt ? Ich frage, weil ich öfter ein Zucken der Handmuskeln habe und ich eine Art Rinne am Handballen bemerke (beim Abspreizen des Daumens) Vielen Dank im Voraus !

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Im Gegensatz zu den weitaus häufigeren Nervendruckschäden wie dem Karpaltunnelsyndrom, sind bei einer beginnenden ALS üblicherweise alle kleinen Handmuskeln verschmächtigt. Es betrifft also nicht nur einzelne Muskelstränge. Durch die dazwischen liegenden Knochen können Mulden erkennbar sein. Zuckungen (Faszikulationen) können bei der ALS, aber auch bei anderen Erkrankungen und bei Gesunden auftreten. Aber: Letztlich kann diese Frage nicht schriftlich beantwortet werden. Sollten Sie sich Sorgen machen, ist die Vorstellung bei einem Neurologen sinnvoll.“

Was geschieht bei Faszikulationen

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, bitte würden Sie mir erklären, was durch die Faszikulationen hervorgerufen wird? Was genau geschieht dabei/dadurch? Ich hoffe, ich konnte meine Frage verständlich stellen, ist nicht so einfach. Vielen Dank im voraus und beste Grüsse

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Faszikulationen sind unwillkürliche Zuckungen von Muskelteilen, den sogenannten motorischen Einheiten. Eine motorische Einheit umfasst alle Muskelfasern, die von einer Nervenfaser angesteuert werden. Faszikulationen sind an sich unspezifisch, sie können auch beim Gesunden Menschen oder nach Nervenschädigungen auftreten. Sie sind jedoch auch charakteristisch für die Krankheit ALS. Sie entstehen wahrscheinlich vorwiegend durch die Reinnervation, d.h. durch die „Neuversorgung“ von Muskelfasern durch frisch ausgewachsene, instabile Nervenästchen. Sie sind für sich genommen harmlos, bei massivem Faszikulieren kann durch Vitamin E, evtl. durch Carbamazepin das Auftreten vermindert werden.

ALS-Syndrom

Meine Mutter, 51 Jahre alt leidet an den Syndrom der ALS. Gibt es irgendwelchen Unterschied zwischen ALS und Syndrom der ALS?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Nein, letztlich ist die Diagnose ALS (noch) eine Syndromangabe: Es finden sich isoliert Veränderungen des oberen und unteren Motoneurons ohne dass eine entzündliche, mechanische etc. Ursache gefunden werden kann. Wir gehen dann davon aus, dass eine frühzeitige Alterung (Degeneration) zugrunde liegt. Es wäre vorstellbar, dass verschiedene Ursachen zu diesem Syndrom führen können, wir haben jedooch darüber keine Kenntnisse.

Inwiefern ist die ALS vererbbar

Guten Tag, ich hätte folgende Frage: Inwiefern ist die ALS vererbbar? Viele Grüße aus der Schweiz


Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:

Nach heutigem Wissensstand ist bei ca. 5-10% der ALS-Patienten die Erkrankung vererbt. Es handelt sich um eine dominante Vererbung, d.h. dass in jeder Generation mindestens ein Angehöriger erkrankt. Eine Ausnahme besteht immer dann, wenn die Vorfahren früh gestorben sind (z.B. im Krieg) und so eine spätere Erkrankung möglich gewesen wäre. Bei lediglich 20% der von der Familiengeschichte auffälligen ALS-Patienten kann eine spezielle genetische Veränderung, eine Mutation am sogenannten SOD-Gen nachgewiesen werden, der Großteil der verursachenden Gene ist also noch nicht gefunden worden. Daher ist die genetische Diagnostik klinisch noch weitgehend wertlos. Im Zweifelsfall sollten Sie sich mit Ihrem Neurologen oder einem ALS-Zentrum in Ihrer Gegend beraten. Allgemein gesagt, ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass eine vererbte ALS vorliegt, wenn der Patient der erste ALS-Patient in der Familie ist. Zudem gibt es in Hinsicht auf die Therapie keine Unterschiede zwischen familiärer und sogenanter „sporadischer“ ALS.