Archiv der Kategorie: FAQ – Antworten

Hier finden Sie alle bereits gestellten Fragen inkl. der Antworten.

Medikament gegen zähen Schleim

Guten Tag, eine finnische Bekannte hat mich gebeten zu erfragen, welche Medikamente in Deutschland gegen zähen Schleim verschrieben werden bzw. welche Linderung verschaffen. Die Patientin dort hat bereits ein Medikament namens Triptyl. Mit freundlichem Gruß und vielen Dank M. M.

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Zäher Schleim ist ein oft schwer lösbares Problem, das wohl v.a. mit der fehlenden Abhustfunktion zusammenhängt. Wir versuchen den Schleim flüssiger zu machen mit Acetylcystein (ACC) unter viel Flüssigkeitszufuhr und ihn dann herauszulösen durch Abklopfen, einem Vibrationsgerät oder der mechanischen Abhusthilfe CoughAssist®.
Triptyl enthält übrigens Amitriptylin, geeignet den Speichel zu reduzieren, aber nicht zähen Schleim zu behandeln.

Bewegung und Ernährung bei der ALS

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht,
seit einiger Zeit beschäftige ich mit der Krankheit ALS, da die bisherigen Untersuchungen und Beschwerden in diese Richtung deuten. Mich interessiert jetzt inwiefern die Krankheit durch Bewegung/Ernährung eher positiv oder negativ beeinflusst wird. Und zwar zeigen neuere Erkenntnisse das es bei ALS zu Ablagerungen kranker Eiweiße kommt, die zu einem Untergang der Motoneuronen führen. Wäre es denn jetzt denkbar (zumindest theoretisch möglich), dass: 1. durch eine eweißarme Ernährung sich wenigere kranke Eiweiß bilden und ablagern können und 2. durch einen möglichst geringen Energieverbrauch (zwar allseitig bewegen, aber wenig/schonend; viel schlafen)die Motoneuronen weniger Nährstoffe benötigen und damit auch weniger Eiweiße anlagern und damit die Motoneuronen länger überleben. Ich wäre Ihnen sehr dankbar wenn Sie mir diese Frage beantworten können. Ich weiß auch das Sie mir keine Empfehlung geben können, mich interessiert nur ob zumindest die oben gemachte Annahme das eiweißarme Ernährung und ein geringer Energieverbrauch eine geringere Nährstoffversorgung (und damit auch weniger Proteine) nach sich ziehen.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Mit freundlichen Grüßen

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht:
Die Proteinablagerung ist sicherlich nicht direkt mit der Ernährung gekoppelt. Die Ablagerungen entstehen über längere Zeit und sind am ehesten als „Verpackung“ von „unverdaulichen“ Zellabfällen zu deuten und nicht als vermehrte Produktion. Eine übermäßige Muskelbelastung könnte tatsächlich in vielerlei Hinsicht schädigend einwirken (Energiehaushalt der Zellen etc.), eine regelmäßige schonende Bewegung ist aber wichtig und nötig. Dem entgegen können eine proteinarme Ernährung und ein Bewegungsmangel den Abbau der Muskulatur beschleunigen. Daher halte ich eine ausgewogenen Ernährung (eher proteinreich) und regelmäßige körperliche Aktivität für eindeutig sinnvoller.

Antiviral wirkende Medikamente bei der ALS

ist es denkbar, daß das anti-viral wirkende \“sutherlandia\“ (Lessertia frutescens) auch bei als-patienten eine verlaufshemmende wirkung wie bei aids- und krebs-patienten haben könnte?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht
Für die ALS ist dies sehr unwahrscheinlich. Mehrfach wurden Untersuchungen zu viralen Erregern überprüft. Letztlich waren alle Vermutungen haltlos und alle antiviralen Therapieversuche ohne Erfolg.

Wie verbreitet ist die ALS

Wie verbreitet ist diese Krankheit eigentlich. Meine Schwester bildet sich meines Erachtens ein, an ALS erkrankt zu sein. Tatsache ist, dass ihre Schwiegermutter wirklich ALS im fortschreitenden Maße hat, und seitdem leidet meine Schwester auch an diesen Symptomen. Eine Nervenwasseruntersuchung wurde bereits gemacht, und es wurde diese Krankheit nicht diagnostiziert. Meine Schwester lässt sich aber nicht davon abbringen. In unserer Familie gab es meines Wissens noch keinen Fall von ALS. Allerdings ist ein Cousin von uns an Muskelkrebs (lt. seiner Mutter) verstorben. Meine Schwester macht die ganze Familie verrückt, daher wäre ich für eine Antwort sehr dankbar. Vielen Dank im Voraus und mit freundlichen Grüßen M. G.

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Die ALS ist selten, pro Jahr erkranken ca. 1-2 Menschen pro 100.000 an einer ALS. Eine familiäre ALS betrifft wiederum nur jeden 10.-20. der Erkankten. Fast alle vererbten Formen sind dominat vererbt, d.h. es lassen sich in der Familie immer bei den Vorfahren Vorerkrankte finden. Die Erkrankung der Schwiegermutter erhöht definitv das Risiko für Ihre Schwester nicht. Da es keinen definitiven ALS-Marker gibt, lässt sich die Angst vor einer ALS (und das hat Ihre Schwester wohl sicher) nicht 100%ig entkräften. Offenkundig war sie bereits in neurologischer Behandlung. Man kann z.B. durch regelmäßige Nachuntersuchungen ca. alle 6 Monate die Sorge nach und nach entkräften.

Treten bei der ALS Schmerzen und Mißempfindungen auf

(Taubheit,Kribbeln,Brennen)?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Prinzipiell treten bei der ALS keine Missempfindungen oder Schmerzen auf. Charakteristisch ist für die ALS gerade die schmerzlose, daher oft lange Zeit unbemerkte, fast ausschließliche Kraftminderung. Werden in der symptomatischen Behandlung Fehler gemacht, können jedoch als Folge der Muskelschwäche Gelenkschmerzen, Druckstellen oder ähnliches auftreten. Bei extrem fortgeschrittener Erkrankung können solche Folgebeschwerden manchmal nicht vermieden werden, hier können dann Schmerzmittel erfolgreich Linderung verschaffen

ALS durch Viren

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, ich habe irgendwo im Internet gelesen, dass es einen Zusammenhang zwischen ALS und durch Zecken übetragene Viren geben könnte. Wissen Sie etwas hierüber? Leider finde ich diesen Hinweis nicht mehr

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Zecken übertragen die Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME-) Viren. Diese können die gefürchtete FSME-Erkrankung auslösen, aber sicher keine ALS.

Es wurde vielfach über Viren als Auslöser der ALS spekuliert, insbesondere natürlich das Polio-virus (Kinderlähmung). Aber, keine Untersuchung hat einen Zusammenhang aufzeigen können. Zusammenfassend gibt es aktuell keinen Nachweis oder ernsthaften Hinweis auf eine virale Ursache der ALS.

Stammzelltherapie

Mein Vater(69) leidet seit ca. 2,5 Jahren an ALS. Heute habe ich von der Möglichkeit der Regeneration defekter Gehirn- und Nervenzellen durch Stammzellentherapie (vorerst in Tierversuchen) erfahren. Wäre es möglich, dass ich als nahe Verwandte für meinen Vater Knochenmark spenden könnte, oder ist die Forschung noch nicht so weit fortgeschritten? Werden diese Forschungen nur in Amerika durchgeführt oder bereits in Europa? Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage und liebe Grüße

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht:
Stammzellen beinhalten die große Hoffnung untergegangene Zellen, auch Nervenzellen, zu ersetzen. Dieser Möglichkeit wird mittlerweile seit einigen Jahren mit großer Intensität wissenschaftlich nachgegangen. Allerdings ist die Umsetzung bei der ALS viel schwieriger als bei Bluterkrankungen, bei denen Knochenmarkspenden von nahen Angehörigen bereits eingesetzt werden. Neben fremden, embryonalen Stammzellen, gibt es erste Versuche Patienten-eigene Blutstammzellen einzusetzen. Keine Variante ist aktuell reif für den Einsatz beim Menschen. Es muss bedacht werden, dass diese Zellen, die sich in (je nach Stammzellart fast) alle Zellen weiterentwickeln können, auch sehr großen Schaden anrichten können. Vor einem Einsatz muss u.a. in Tierversuchen sichergestellt werden, dass diese Zellen gesteuert werden können, d.h. dass sie sich in die gewünschten Zellen am richtigen Ort entwickeln. Dies ist bisher nicht gewährleistet, sodass aktuell leider keine wirkliche Stammzelltherapie bei ALS-Kranken durchgeführt werden kann. Sollten Sie Informationen zu Stammzelltherapieangeboten in Kiew oder Peking finden, so kann nur eindringlich davor gewarnt werden. Diese Angebote sind definitiv unseriös und zielen nur darauf ab, an der Not von Kranken viel Geld zu verdienen. In Deutschland oder der USA wären diese Angebote längst als Betrug verboten, diese können nur in quasi „rechtsfreien“ Räumen existieren. Wir alle hoffen, dass die Stammzellforschung rasche Fortschritte macht und dann echte Therapiemöglichkeiten bestehen werden, leider ist dies heute noch nicht der Fall.

Behandlung mit effektiven Mikroorganismen

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, bei mir wurde vor einigen Wochen ALS diagnostiziert, erste Symptome traten vor ca. 18 Monaten auf. Nun habe ich gehört, dass eine Behandlung mit effektiven Mikroorganismen (EM-X, einige ml pro Tag) zusammen mit Vitamin E (5000 mg/Tag) bei ALS infolge der starken antioxidativen Wirkung von EM-X das Fortschreiten von ALS verzögern kann. Was ist davon zu halten?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
„effektive Mikroorganismen“ sind mir gänzlich unbekannt. Woher haben Sie die Info?

ALS und Demenz

Als Pflegende betreue ich seit 5 Jahren einen 53 j. Pat. mit ALS, bei dem ich zunehmend einen geistigen Verfall feststelle. Demenz? Er versteht Fragen nicht mehr, schmiert mit Exkrementen usw. Früher sehr gepflegte Erscheinung. er kann noch selbst essen u. trinken aber nicht mehr sprechen. Ist so ein geistiger Verfall häufig oder eher untypisch bei ALS? Was kann ich tun?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Eine manifeste Demenz ist bei ALS-Patienten eine Seltenheit. Zumeist ist gerade das leidvolle vollständige Begreifen und Erleben der Erkrankung gepaart mit der Möglichkeit zu intensiver Kooperation in der Pflege ein charakteristisches Merkmal der ALS.

Ein kleiner Teil der Patienten hat jedoch tatsächlich Veränderungen, die leicht, mäßig oder deutlich denen einer sogenannten fronto-temporalen Demenz entsprechen. Bei bis zu 5% der ALS-Patienten ist diese Demenz deutlich ausgeprägt. Verhaltensweisen wie das Kotschmieren deuten darauf hin, dass eine deutliche Persönlichkeitsveränderung und nicht nur ein Verständigungsproblem vorliegt.

Grundsätzlich folgt die Therapie einer Demenz bei der ALS den Prinzipien jeder anderen Demenztherapie. Inwieweit antidementative Medikamente bei der kombination ALS+Demenz sinnvoll sind ist allerdings reine Spekulation. Evtl. kann es notwendig sein Patienten medikamentös zu beruhigen, bei ALS-Patienten habe ich dies jedoch bisher fast nie erlebt. Das wichtigste ist aus meiner Sicht die Pflege zu stärken. Patienten mit einer Demenz sind besonders anspruchsvoll und schwierig für die Pflege, evtl. müssen hier weitere Partner gefunden werden.