Am Mittwoch, den 1.11.2006 strahlte die ARD um 23.20 einen sehenswerten Beitrag zum Thema ärztlich unterstützten Freitod aus (Mein Tod gehört mir – Sterbehilfe in Deutschland).
Der Film beleuchtete die Problematik sehr ausgewogen. Im Zentrum der Beispielpatienten stand ein ALS-Patient aus der Oberpfalz, der mit Hilfe einer Schweizer Organisation einen ärztlichen unterstützten Freitod beging und sich auf seiner letzten Reise begleiten liess. Es kamen Befürworter eines solchen Vorgehens, aber auch Kritiker zu Wort. Auch PD Dr. Thomas Meyer von der ALS-Ambulanz der Charité wurde vor der Kamera befragt. Leider war sehr schlecht herausgearbeitet, dass er über die Beendigung einer künstlichen Beatmung von ALS-Patienten sprach und nicht über einen ärztlich assistierten Freitod. Der entscheidende Unterschied ist, dass bei der Beendigung einer künstlichen Beatmung der Tod nicht durch die verabreichten Medikamente erfolgt, sondern die Medikamente lediglich dazu dienen, die Situation, die durch die Beendigung der künstlichen Beatmung entsteht, zu lindern, im Sinne einer palliativen Therapie. Genau genommen wird ein künstlich hinausgezögertes Sterben ärztlich begleitet. Beim ärztlich unterstützten Freitod hingegen wird durch die Medikamente das Sterben der Patienten vorgezogen. Dieser wichtige Unterschied kam nicht zum Ausdruck, obwohl PD Dr. Meyer sich sehr klar gegen den ärztlich unterstützten Freitod aussprach. Diese Auffassung, wird auch von den Autoren dieser Website vollkommen geteilt. Eine lindernde, palliative Therapie kann und muss oft starke Medikamente beinhalten, die das Leben auch zusätzlich verkürzen können. Der geplante Einsatz von Medikamenten zum Freitod ist dem entgegen unserer Meinung nach eine vollständig andere Einsatzform. Der Wunsch vieler leidender Patienten ist verständlich, dennoch müssen unseres Erachtens viele andere Aspekte, wie der mögliche soziale Druck diesen Weg zu wählen anstatt zur Last zu fallen und andere Fragen bedacht werden. Im Beitrag kam z.B. auch zum Ausdruck, dass gerade auch in der Schweiz oftmals wohl sehr unkritisch gehandelt wird.
Mut machte der zum Abschluss des Beitrages beschriebene Weg in Oregon, USA, wo nur für Bürger des Landes, nicht für andere Menschen, ein unterstützter Freitod als letzte Möglichkeit einer Palliativtherapie möglich ist, aber vielleicht gerade wegen der Einbindung in die Palliativmedizin fast nie gewählt wird.
Der Beitrag war insgesamt sehr sehenswert und beleuchtete viele Aspekte einfühlsam. Eine Wiederholung zu einem früheren Zeitpunkt mit der Möglichkeit zur Diskussion wäre wünschenswert.
Nachtrag:
Die Sendung wird am 29.01.2007 um 22.30 Uhr beim SWR widerholt.
ARTE Themenabend
Zum Thema ALS bringt der Sender ARTE am 21..11.2006 ab 20.40 Uhr 4 Beiträge. Unter anderem Beiträge mit Erstausstrahlung wie die Dokumentation „Wie Handschuhe voll Sand“, welche verschiedene Stadien von unterschiedlichen Patienten darstellen soll.
http://www.arte.tv/de/programm/242,date=21/11/2006.html
Statement zu Film „Sterne leuchten auch am Tag“
Am 21.11.2006 strahlte der Sender ARTE zu Beginn seines Themenabends ALS den Fernsehfilm „Sterne leuchten auch am Tag“ aus. In dem Film werden 2 medizinische Ausssagen getroffen, die so nicht richtig sind:
Der Arzt, der die Diagnose stellte, berichtete der Patientin davon, dass im Endstadium der Krankheit auch das Gehirn betroffen sein kann. So kann es sein, heißt es dort weiter, dass man „Buchstaben verwechselt“ oder ähnliches. Buchstaben verwechseln im Sinne einer Sprachstörung (Aphasie) tritt bei ALS nicht auf. Möglich ist eine Sprechstörung, also eine ganz undeutliche Aussprache, der Patient beherrscht die Sprache selbst unverändert gut. Für die ALS typisch ist zudem, dass die Merkfähigkeit und der Charakter von der Erkrankung nicht verändert werden und der Patient bei vollem geistigen Bewußtsein das Fortschreiten erlebt, wie es ja auch in den zwei folgenden Dokumentarfilmen klar erkennbar war. Bei einem sehr geringem Teil der ALS-Patienten können leichte bis mäßgie Veränderungen einer sogenannten fronto-temporalen Demenz auftreten. Allerdings ist dies sehr selten und im Alltag fast nie von Bedeutung.
Weiter wurde in dem Film ein charakteristisches Merkmal der ALS, den Schlundkrampf, nachgestellt. Hierbei fiel die Aussage, dass „solche Anfälle jederzeit wiederkommen und zum ersticken führen können“. In der medizinischen Literaur ist kein Patient beschrieben, bei dem ein Schlundkrampf bei der ALS zum Ersticken geführt hat. Richtig ist, dass sich der Krampf der Schlundmuskeln wie andere Muskelkrämpfe auch nach einiger Zeit von alleine löst. Wenn ein Arzt gerufen wird, ist bis zu seinem Eintreffen zumeist die Symptomatik vorbei. Es ist wichtig, in solchen Momenten die Ruhe zu bewahren und zu versuchen, ruhig weiter zu atmen. Halten Sie den Körper aufrecht und versuchen Sie, Panik zu vermeiden, in dem Sie sich bewusst machen, dass keine Erstickungsgefahr gegeben ist. Die Aufgabe eines im Zweifelsfall selbstverständlich hinzuzuziehenden Arztes ist die Beruhigung des Patienten, was das Auflösen des Krampfes beschleunigt