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Therapiestudie ALS-GA-201 beginnt

Hinter dem Kürzel ALS-GA-201 verbirgt sich der Wirkstoff Glatirameracetat, welches unter dem Handelsnamen Copaxone® bekannt ist. Dieses Medikament wird seit längerer Zeit bereits bei MS-Patienten erfolgreich angewandt. Aufgrund der Möglichkeit, dass bei der ALS auch entzündliche Veränderungen zum Nervenschaden beitragen und aufgrund von positiven Ergebnissen bei Versuchen mit der SOD1-ALS-Maus wurde die Studie begonnen.
Die Studie wird an 15 Studienzentren in Europa und in den USA durchgeführt. Leider konnten für Deutschland nur 3 Zentren durchgesetzt werden, diese Prüfzentren sind Ulm, Bochum und Berlin. Das Ende der Studie wird voraussichtlich Ende 2007 sein, Ergebnisse werden frühestens 2008 bekannt sein.

Dr. Hecht wechselt nach Kaufbeuren

Zum 1.8.2006 wechselt Herr Priv. Doz. Dr. Martin Hecht als Chefarzt an die Neurologische Klinik des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren. Die ALS-Ambulanz Erlangen wird ab dem 1.8.2006 von Prof. Heuss und Dr. Rauch betreut, hierdurch ist eine kontinuierliche Fortführung des Angobotes der Erlanger ALS-Ambulanz gewährleistet.

Herr Dr. Hecht möchte sich für das in ihn gesetzte Vertrauen bei allen Patienten bedanken und Sie bitten, dies in Zukunft ebenso Dr. Rauch und Prof. Heuss entgegenzubringen.

Stammzelltherapie

Mein Vater(69) leidet seit ca. 2,5 Jahren an ALS. Heute habe ich von der Möglichkeit der Regeneration defekter Gehirn- und Nervenzellen durch Stammzellentherapie (vorerst in Tierversuchen) erfahren. Wäre es möglich, dass ich als nahe Verwandte für meinen Vater Knochenmark spenden könnte, oder ist die Forschung noch nicht so weit fortgeschritten? Werden diese Forschungen nur in Amerika durchgeführt oder bereits in Europa? Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage und liebe Grüße

Priv.Doz. Dr. Martin Hecht:
Stammzellen beinhalten die große Hoffnung untergegangene Zellen, auch Nervenzellen, zu ersetzen. Dieser Möglichkeit wird mittlerweile seit einigen Jahren mit großer Intensität wissenschaftlich nachgegangen. Allerdings ist die Umsetzung bei der ALS viel schwieriger als bei Bluterkrankungen, bei denen Knochenmarkspenden von nahen Angehörigen bereits eingesetzt werden. Neben fremden, embryonalen Stammzellen, gibt es erste Versuche Patienten-eigene Blutstammzellen einzusetzen. Keine Variante ist aktuell reif für den Einsatz beim Menschen. Es muss bedacht werden, dass diese Zellen, die sich in (je nach Stammzellart fast) alle Zellen weiterentwickeln können, auch sehr großen Schaden anrichten können. Vor einem Einsatz muss u.a. in Tierversuchen sichergestellt werden, dass diese Zellen gesteuert werden können, d.h. dass sie sich in die gewünschten Zellen am richtigen Ort entwickeln. Dies ist bisher nicht gewährleistet, sodass aktuell leider keine wirkliche Stammzelltherapie bei ALS-Kranken durchgeführt werden kann. Sollten Sie Informationen zu Stammzelltherapieangeboten in Kiew oder Peking finden, so kann nur eindringlich davor gewarnt werden. Diese Angebote sind definitiv unseriös und zielen nur darauf ab, an der Not von Kranken viel Geld zu verdienen. In Deutschland oder der USA wären diese Angebote längst als Betrug verboten, diese können nur in quasi „rechtsfreien“ Räumen existieren. Wir alle hoffen, dass die Stammzellforschung rasche Fortschritte macht und dann echte Therapiemöglichkeiten bestehen werden, leider ist dies heute noch nicht der Fall.

Behandlung mit effektiven Mikroorganismen

Sehr geehrter Herr Dr. Hecht, bei mir wurde vor einigen Wochen ALS diagnostiziert, erste Symptome traten vor ca. 18 Monaten auf. Nun habe ich gehört, dass eine Behandlung mit effektiven Mikroorganismen (EM-X, einige ml pro Tag) zusammen mit Vitamin E (5000 mg/Tag) bei ALS infolge der starken antioxidativen Wirkung von EM-X das Fortschreiten von ALS verzögern kann. Was ist davon zu halten?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
„effektive Mikroorganismen“ sind mir gänzlich unbekannt. Woher haben Sie die Info?

Medikamentenstudien 2006

Für das Jahr 2006 sind mehrere neue Medikamentenstudien bei ALS geplant. Aktuell werden die Studienzentren ausgesucht und Vorbereitungen getroffen, die jedoch noch der Geheimhaltung unterliegen. An den verschiedenen Studien sollen bundesweit mehrere hundert ALS-Erkrankte in mehreren ALS-Zentren teilnehmen können, unter anderem auch an der Neurologischen Uniklinik Erlangen. Sobald nähere Details über die Studien veröffentlicht werden können, werden wir Sie informieren.

Publikationen zu Botox

2 kürzlich erschienene Publikationen (Manrique et al., Verma et al.) weisen darauf hin, dass ein vermehrter Speichelfluss bei ALS-Patienten mit Botulinumtoxin-Injektionen wesentlich reduziert werden kann. Da Botulinumtoxin auch Muskeln schwächen kann und so bei der ALS zusätzliche Lähmungen möglich sind, wurde die Therapie bisher sehr zurückhaltend eingesetzt. Beide Studien berichten über eine gute Wirkung ohne wesentliche Nebenwirkungen, sodass die Lebensqualität der Behandelten auch deutlich verbessert wurde. Diese Veröffentlichungen decken sich sehr gut mit unseren eigenen Erfahrungen, sodass diese Therapieform vermehrt eingesetzt werden wird.

ALS und Demenz

Als Pflegende betreue ich seit 5 Jahren einen 53 j. Pat. mit ALS, bei dem ich zunehmend einen geistigen Verfall feststelle. Demenz? Er versteht Fragen nicht mehr, schmiert mit Exkrementen usw. Früher sehr gepflegte Erscheinung. er kann noch selbst essen u. trinken aber nicht mehr sprechen. Ist so ein geistiger Verfall häufig oder eher untypisch bei ALS? Was kann ich tun?

Priv. Doz. Dr. Martin Hecht:
Eine manifeste Demenz ist bei ALS-Patienten eine Seltenheit. Zumeist ist gerade das leidvolle vollständige Begreifen und Erleben der Erkrankung gepaart mit der Möglichkeit zu intensiver Kooperation in der Pflege ein charakteristisches Merkmal der ALS.

Ein kleiner Teil der Patienten hat jedoch tatsächlich Veränderungen, die leicht, mäßig oder deutlich denen einer sogenannten fronto-temporalen Demenz entsprechen. Bei bis zu 5% der ALS-Patienten ist diese Demenz deutlich ausgeprägt. Verhaltensweisen wie das Kotschmieren deuten darauf hin, dass eine deutliche Persönlichkeitsveränderung und nicht nur ein Verständigungsproblem vorliegt.

Grundsätzlich folgt die Therapie einer Demenz bei der ALS den Prinzipien jeder anderen Demenztherapie. Inwieweit antidementative Medikamente bei der kombination ALS+Demenz sinnvoll sind ist allerdings reine Spekulation. Evtl. kann es notwendig sein Patienten medikamentös zu beruhigen, bei ALS-Patienten habe ich dies jedoch bisher fast nie erlebt. Das wichtigste ist aus meiner Sicht die Pflege zu stärken. Patienten mit einer Demenz sind besonders anspruchsvoll und schwierig für die Pflege, evtl. müssen hier weitere Partner gefunden werden.