Betr: Entstehungsmodell für ALS in Frage gestellt

Stellungnahme von Prof. Dr. Martin Hecht zu Pressemitteilung:
Entstehungsmodell für Amyotrophe Lateralsklerose in Frage gestellt
Dr. Ulrich Marsch, Corporate Communications Center, Technische Universität München, 06.03.2012

Seit längerem werden Störungen des axonalen Transportes als zumindest eine Ursache der ALS diskutiert, .z.B. wurde von Münch et al., zum Publikationszeitpunkt Universität Ulm, bereits 2004 eine Arbeit zu Mutatationen im sogenannen Dynactin-Gen publiziert (Neurology, 2004).
Verschiedenste andere Hinweise sind vorhanden. Z.B. stiess Prof. Sendtner, Universität Würzburg, bei seinen Forschungsarbeiten zum axonalen Transport bei der spinalen Muskelatrophie (SMA), auf die Proteine TDP43 und FUS, die jeweils auch bei ALS durch Pathologie (TDP43) oder Genetik (FUS) ins Gespräch gebracht worden sind.
Inwieweit die Arbeiten von Misgeld und Kerschensteiner dies wirklich widerlegen, ist unklar. Wir mussten lernen, dass die Mausmodelle der ALS, die alle Abbilder der vererbten ALS-Formen sind, nicht immer weiterführend sind. Sicher ist die Tatsache, dass Neurodegeneration und axonaler Transport in den Untersuchungen bei verschiedenen Mausmodellen unterschiedlich stark ausgeprägt waren und somit nicht direkt miteinder korrelierten, ein Argument dafür, dass ein gestörter axonaler Transport die ALS nicht als einzige, einzelne Ursache bedingt. Dies muss aber nicht bedeuten, dass Störungen des axonalen Transportes unbedeutend sind, auch nicht als therapeutischer Ansatz. Es ist z.B. denkbar, dass 1 oder 2 weitere Faktoren begleitend vorhanden sein müssen, damit eine Nervenzelle wirklich untergeht. Die Forscher hatten gehofft, einen generellen Schlüssel zur ALS zu finden. Dies scheint aktuell nicht der Fall zu sein. Es ist aber generell unwahrscheinlich, dass die ALS mit allen ihren Varianten von einer einzelnen Ursache bedingt ist.